Fortsetzung folgt…

23 02 2011

Vielleicht hätte ich beim letzten Blogeintrag ein kleines Ratespiel veranstalten sollen, bei dem jeder das Land hätte tippen können, aus dem ich den nächsten Bericht schreiben würde; ich frage mich, ob überhaupt jemand auf den Kontinent gekommen wäre; ich selbst hätte auf jeden Fall daneben gelegen- die richtige Antwort wäre Deutschland gewesen, genauer gesagt: Stahlhofen im Westerwald!

Es war nicht geplant, diesem Reiseblog ein solch abruptes Ende zu setzen; eigentlich wollte ich mich zumindest aus Bamako zurückmelden, um euch meine bevorstehende Heimreise anzukündigen. Diese Gelegenheit habe ich aber leider verpasst, sodass ich euch nun vor vollendete Tatsachen stellen muss- aber keine Sorge: dieser vorerst letzte Bericht wird euch ganz wie gewohnt über alle wichtigen Geschehnisse seit meinem Aufenthalt in Nouakchott aufklären.

Die Fahrt nach Bamako

Am Abend vor der Abfahrt in der Herberge in Nouakchott, schlossen sich unserer kleinen Reisegruppe (die 3 Franzosen mit den Schulbüchern & ich) 4 weitere Franzosen an, die ebenfalls mit einem Mercedesbus in  Richtung Bamako unterwegs waren, allerdings zur Weiterfahrt nach Burkina Faso. Ihr Auftrag:  Den Bus bei einem Freund abzugeben, der ihn zwar in Frankreich gekauft hat, ihn aber wegen Visumsproblemen nicht selbst runter fahren kann- ein schöner Anlass für die vier, daraus eine ausgedehnte Reise nach Burkina Faso zu machen. Aus Platzgründen fahre ich am nächsten Morgen bei ihnen mit, während mein Rad zusammen mit meinem Gepäck im vorderen Bus von Alexandre, Victor und Valentin unterkommt.

 Schon am 1. Tag kann ich mit Freude dabei zusehen, wie sich die Natur, die wir durchqueren, allmählich zu wandeln beginnt; kein Wunder, legen wir doch 600 Km zurück, ein Pensum, auf das ich in einer ganzen Woche mit dem Rad stolz sein kann. Zunächst vereinzelt, tauchen mit der Zeit immer mehr Büsche und kleinere Bäume auf und kündigen endgültig das Ende gewohnt-karger Wüsteneinöde an.

Endlich das Zeichen, auf das ich gewartet habe! Endlich das Zeichen, auf das ich gewartet habe: Leben!

Im Gegensatz zur Natur, ist von Zivilisation unterwegs nicht viel zu sehen; Mauretanien ist eindeutig das am dünnsten besiedelte Land, das ich je gesehen habe. Wenn wir einmal ein Ortsschild passieren, verbirgt sich dahinter meist nicht mehr, als ein paar Zelte und Wellblechhütten, die kreuz und quer in der Landschaft verteilt sind. Unwillkürlich frage ich mich, ob die gleiche Siedlung bei meinem nächsten Besuch wohl immernoch dort stehen wird; unglaublich, wie tief das Land noch in seiner Nomadentradition verankert ist.

Am 2. Tag schon verlassen wir Mauretanien- von meinem einmonatigen Visum habe ich am Ende also gerade einmal 9 Tage gebraucht; offiziell sogar nur 2: Ausreise ist am 3. Februar. Noch nicht so richtig im letzten angekommen, betrete ich somit direkt ein weiteres Land, Mali. Mit dem Grenzübertritt gehen zunächst die üblichen Umstellungen einher: neue Währung, neue Landesvorwahl, neue Sprache- allmählich bekomme ich Routine in solchen Dingen. Die Sprünge im Verhältnis Euro/Fremdwährung scheinen mit jedem neuen Land, das ich bereise, kontinuierlich zu wachsen. Nach dem marokkanischen Dirham (1/10) und dem mauretanischen Ouguiya (1/380), ist der malische Franc der absolute Spitzenreiter: Wechselkurs 1/655! Um meinen üblichen Betrag von etwa 50 Euro am Geldautomaten abzuheben, sind also satte 30.000 Francs notwendig!

Gleich am ersten Tag in Mali, an dem wir in der Grenzstadt Nioro du Sahel ankommen, merke ich einmal mehr, dass hier in Afrika Landesgrenzen noch tatsächliche Barrieren sind- auch für Kultur und Mentalität: Zum ersten Mal überhaupt auf meiner Reise verbringe ich den Abend, zusammen mit den Franzosen, in einer Bar; es wird öffentlich Alkohol ausgeschenkt. Von einer Frau. Noch 24 Stunden zuvor wäre das völlig undenkbar gewesen, doch hier heißt es mal wieder „andere Länder, andere Sitten“. Denn obwohl der Islam auch in Mali die eindeutig vorherrschende Religionsform ist, wird er hier einfach nicht so streng praktiziert, wie noch in Marokko und Mauretanien. Dementsprechend sind verschleierte Frauen eher die Ausnahme als die Regel, Moscheen deutlich seltener zu sehen und in Bars wird abends eben Alkohol getrunken und getanzt- das Leben scheint man in Mali insgesamt etwas lockerer zu nehmen…
Was könnte das wohl sein??

Was könnte das wohl sein??

Am 3. Tag der Fahrt wird die Vegetation immer dichter, es sind die ersten Affenbrotbäume und Termitenhügel zu bestaunen (siehe oben)- der positive Trend seit der Abfahrt setzt sich also fort. Unterwegs werden wir bei den obligatorischen Polizeikontrollen mittlerweile fast jedes Mal nicht nur nach dem Pass, sondern auch nach einem „Geschenk“ gefragt, was wir den Beamten dalassen könnten – leider ein negativer Trend, der sich bereits seit Mauretanien fortsetzt und auch an der Grenze nicht Halt machte. Verlangt wird alles, von Stiften und Feuerzeugen über Zigaretten und Schmuck bis hin zu Medikamenten; ganz oben auf der „Wunschliste“ eines jeden Beamten steht aber eindeutig Geld. Die Franzosen jedoch bleiben hart, erklären stets höflich, dass wir nichts zu verschenken haben, woraufhin wir meist ohne längere Diskussion passieren dürfen- die einzig richtige Reaktion auf solche Dreistigkeit.
Die letzte Station vor unserem Ziel ist Coco, bereits ein Vorort von Bamako, wo einer der vier Franzosen einen jungen Malier namens Abdulahi kennt, bei dem wir die Nacht verbringen können. Abdulahi ist Künstler; er erstellt Designs für Kleidungsstücke und hat ein eigenes kleines Atelier, das er uns am nächsten Morgen zeigt. Dort geben wir alle unseren Hosen, Shirts und was man sonst noch bedrucken und bemalen kann, einen neuen Anstrich; eine tolle Gelegenheit für ein wirklich ausgefallenes Souvenir!
 
Abdelahi bei der Arbeit

Abdulahi bei der Arbeit

Natürlich lasse auch ich mir die Chance nicht entgehen und bedrucke zusammen mit Abdulahi die einzige kurze Nicht-Radlerhose, die ich habe; Preisfrage diesmal: Wer hat wohl das linke und wer das rechte Hosenbein bedruckt; Zusatzfrage: Was stellt das Motiv unten links wohl dar;)?
So macht man aus einer C&A Hose ein Unikat!

Aus einer 0815-Hose ist ein Unikat geworden!

Da die 4 anderen noch ein paar Tage bei Abdulahi bleiben wollen, fahren Alexandre, Victor, Valentin und ich alleine weiter bis nach Bamako. Hier werden wir schon erwartet: Moussa und seine Familie sind mit den 3 Franzosen seit ihrer ersten Fahrt nach Bamako vor 3 Jahren befreundet und nehmen sie seitdem jedes Mal bei sich auf- somit bin auch ich automatisch wollkommen. Die Verhältnisse, in denen Moussa, seine Frau und ihre 7 Kinder leben, lassen aber eigentlich keinen Platz für Gastfreundlichkeit: Sie leben, so wie hundertausende Malier auch, in einem der riesigen Vororte von Bamako, ohne Strom, ohne Wasser, ohne feste Strassen. Ihre kleine Lehmütte an einem steilen Felshang bietet gerade genug Platz für die wenigen Dinge, die sie besitzen; das Leben findet draussen statt.
Moussa´s ältere Kinder

Moussa´s ältere Kinder

Moussa selbst ist Musiker; er spielt die Goni, ein traditionelles Zupfinstrument, was ein bisschen an unsere Gitarren erinnert. Zusammen mit ein paar Freunden spielt er in einer Gruppe, die ab und zu bei Hochzeiten und Familienfeiern auftritt. Seine Instrumente baut Moussa selbst- zum Spielen, verkauft werden sie nicht. Als ich ihn aber darum bitte, erklärt er sich gerne bereit, auch mir eine Goni zu bauen; das Material dafür bezahle ich natürlich selbst. Auf meiner eigenen Goni zeigt mir Moussa ein paar Griffe, doch viel lieber höre ich ihm selbst beim Spielen zu; besonders abends, wenn wir mit der ganzen Familie vor dem Haus liegen und uns die Sterne ansehen. 
Moussa mit seinem Sohn beim Goni spielen

Moussa mit seinem Sohn beim Spielen der Goni

Insgesamt bleiben wir 4 Tage bei Moussa und seiner Familie; um ihnen nicht zur Last zu werden, bezahlen wir die Lebensmittel für die ganze Familie selbst. Verständigungsprobleme gibt es kaum- Französisch ist genauso wie in Marokko und Mauretanien weit verbreitet udn wird auch von Moussa berherrscht. Geschlafen wird unter freiem Himmel, was bei den herrschenden Temperaturen überhaupt kein Problem ist.
mein Schlafplatz- statt Decken braucht man Moskitonetze

mein Schlafplatz- statt Decken braucht man Moskitonetze

Nachts bleibt es trotz klarem Himmels den ganzen Abend wunderbar warm- kurzen Sachen reichen völlig aus, und auch zum Schlafen braucht man nicht mehr als eine dünne Decke; viel wichtiger ist ein Moskitonetz, denn Stechmücken gibt es in Scharen und Bamako ist Malariagebiet. Trotz aller Vorsicht lassen sich Stiche nicht vermeiden, meine Prophylaxe-Medikamente nehme ich im Gegensatz zu den Franzosen dennoch nicht und verlasse mich im Fall der Fälle auf mein Standby-Präparat- jeden Tag starke Pillen mit Nebenwirkungen zu nehmen schrecken mich dann doch mehr ab, als einen Fieberschub zu riskieren 
Tagsüber ist es im Gegensatz zur milden Nacht so heiß, dass man es nur im Schatten aushalten kann; ohne Mütze oder Hut bekommt man schnell Kopfschmerzen von der Sonne. Dazu ist es etwas schwül und die Luft steht- ein völlig anderes Klima, als ich es von der Westküste der Sahara gewohnt bin. Einziges Mittel gegen die drückende Hitze ist ein kühles Bad- zum Glück gibt es einige Kilometer entfernt einen Wasserfall, wo wir den ganzen Tag verbringen; nicht nur wegen des klaren Wassers, das man trinken kann, sondern vor allem, weil der Ort ein Stück vom Paradies sein muss!
ein perfekter Ort, um die Zeit vergehen zu lassen

ein perfekter Ort, um die Zeit vergehen zu lassen

Auf dem Weg zum Wasserfall rufen uns die Kinder in den Vororten von den Häusern immer wieder das selbe Wort hinterher: „Tubabu“. Als ich Victor frage, was das heißt, sagt er mir nur knapp „Weißer“. Im ersten Moment erschreckt, erklärt er mir weiter, dass das keineswegs als Anfeindung zu verstehen ist, sondern als Spiel! Wenn das Kind „Tubabu“ ruft, muss man als weißer „Farafin“ antworten, was auf Bambara „Schwarzer“ bedeutet- so geht es dann hin und her „Tubabu-Farafin-Tubabu-Farafin“…Als ich am nächsten Tag alleine etwas einkaufen gehe, staune ich nicht schlecht, als ich hinter mir einen bekannten Ruf höre: „Tubabu“! Konnte ich mich in Marokko und Mauretanien noch ohne aufzufallen als vermeintlich Einheimischer bewegen, bin ich nun, genauso wie die Franzosen, ein „Weißer“- es ist eben alles relativ.
Frau in unserem Vorort in Bamako

Frau in unserem Vorort in Bamako

Am 5. Tag in Bamako heißt es Abschied nehmen- zunächst von Victor, Valentin und Alexandre, die ihre Schulbücher verteilt und das Auto verkauft haben. Von dem Geld haben sie sich die Tickets bezahlt, mit denen sie zurück nach Lyon fliegen. Somit bin ich wieder alleine- die 4 Franzosen, die nach Burkina Faso fahren, haben wir in Coco gelassen, die anderen 3 sind nun auch abgereist und für mich stellt sich die Frage, wie es weitergehen soll. Im Grunde standen 3 Möglichkeiten zur Debatte: 1. Zurück an die Küste und die ursprüngliche Route fortzusetzen, 2. Weiter ins Landesinnere zu fahren oder 3. Es den Franzosen gleichzutun und den Rückweg anzutreten. Genauso wie vor Beginn der Reise, habe ich nach meinem Gefühl entschieden und Variante 3 gewählt. Nach über 5 Monaten verspürte ich einfach den Wunsch, langsam wieder nach Hause zu kommen und meine Familie und Freunde wiederzusehen. Eines war mir aber direkt klar: ich würde diesen Kontinent nicht verlassen, ohne mein Versprechen abzugeben, eines Tages wiederzukommen- von daher viel mir die Entscheidung nicht ganz so schwer, denn sie ist ja nicht endgültig.
Somit stellte sich eine neue Frage: Wie soll ich nach Hause kommen? Da ich es nicht ganz so eilig, wie meine französischen Kollegen hatte (und auch keine Auto verkauft hatte), entschied ich mich für den Land- statt für den Luftweg; allerdings nicht per Fahrrad;), sondern per Anhalter. Bevor ich aber irgendetwas anhalten konnte, brauchte ich ersteinmal wieder ein neues Mauretanien-Visum! Das alte ist zwar bis Anfang März, also im Grunde immernoch gültig, erlaubt aber nur einen Grenzübertritt und ist damit wertlos. Also wieder das alte Spiel: Pass kopieren, Fotos machen, 45 € mirtbringen (übrigens 10 mehr als noch in Rabat) und Visum in der maurtetanischen Botschaft, diesmal in Bamako, beantragen- praktisch, dass meine Planänderungen sich immer in den Hauptstädten ereignen…
Um 09.00 Uhr beantragt, kann man das Visum um 14.00 Uhr abholen. Die Wartezeit nutze ich, um mir die Stadt und vor allem das Künstlerviertel in Bamako anzusehen, wo von Musikinstrumenten bis Holzschnitzereien alles in Handarbeit gefertigt wird- und das ganz offen: direkt vor den einzelnen Ateliers sitzen die Künstler und arbeiten an ihren Figuren, die sie später selbst verkaufen.
Kunst zum Anfassen- das Künstlerviertel in Bamako

Kunst zum Anfassen- das Künstlerviertel in Bamako

Hätte der junge Malier auf dem Foto (im grünen Trikot) mich nicht dazu eingeladen, mir das komplette Künstlerviertel zu zeigen, hätte ich es  womöglich gar nicht besuchen können, da Fahrräder verboten sind. So wurde diese private „Führung“ einer der Höhepunkte meines Aufenthaltes in Bamako- schade nur, dass ich so wenig Zeit mitgebracht habe.
Das Ergebnis der Arbeit: die fertigen Figuren

Das Ergebnis der Arbeit: die fertigen Figuren

Der Zeitpunkt des Besuches war perfekt, denn dadurch, dass ich nun auf dem Rückweg war, konnte ich es mir erlauben, ein kleines Andenken mit nach Hause zu nehmen. Die Wahl war schnell getroffen, als ich einmal den ebenso stilvollen wie praktischen Klappstuhl gesehen habe, den ich ursprünglich lediglich für Deko gehalten habe; aber er hält- und ist dazu noch überraschend bequem!
schön, klein und praktisch- Ikea wäre neidisch!

schön, klein und praktisch- jeder Schwede wäre neidisch!

Ausgerüstet mit dem neuen Mauretanien-Visum machte ich mich anschließend noch am Nachmittag auf zum 20 Km entfernten Zollkontroll-Punkt, den jedes Fahrzeug passieren muss, das die Stadt in Richtung Mauretanien verlässt- der optimale Ort für eine Mitfahrgelegenheit, dachte ich. Erschwert wurde die Sache allerdings dadurch, dass alle europäische Reisende zwar nach Bamako rein in Richtung Süden wollen, aber kaum einer auch wieder die Strecke zurückfährt. Da PKW ausserdem nicht in Frage kamen, sondern nur größere Fahrzeuge mit entsprechendem Stauraum, musste ich am Ende die ganze Nacht und den folgenden Tag neben der Strasse ausharren- Gott sei Dank hatte ich ja zumindest meine eigene Sitzgelegenheit dabei, sodass sich der Stuhl schon bezahlt gemacht hat;) Am Abend des 2. Tages hielten endlich 2 LKW mit marokkanischem Kennzeichen vor der Schranke- die ersten Marokkaner überhaupt. Sie wollten nach Agadir, 3000 Km von Bamako entfernt; ihre Ladung hatten sie in Bamako abgeliefert, sodass genügend Platz zur Verfügung war- somit blieb nur noch eine Frage zu klären: Der Preis. Der marokkanische Fahrer verlangte 100 €; nach zähem Verhandeln einigten wir uns auf schließlich auf 60- inklusive Verpflegung.
Die 2 LKW von außen...

Die 2 marokkanischen Laster

Die zwei Fahrer Halif und Mustafa hatten sich ein strammes Programm vorgenommen: In 3 Tagen wollten sie zu Hause in Tiznit (unterhalb von Agadir) sein, was ca. 1000 Km pro Tag bedeutete- und das bei 80 Km/h Höchstgeschwindigkeit. Für die beiden Routine: geschlafen wird nicht mehr als 5 Stunden und Pause machen wir nur zum Essen. Mich stört das nicht weiter, da ich die gesamte Fahrt über die Liege hinter den Sittzen zum Schlafen habe- trotzdem wird mir schnell klar, dass LKW-Fahrer keine Zukunftsperspektive für mich ist; wenn sie von ihrer 2-wöchigen Tour nach Hause kommen, geht es am nächsten Morgen wieder weiter- unglaublich, diese Belastung! Während der Fahrt lasse ich meine eigene Reise nochmal Revue passieren, als wir an all meinen alten Schlaf- und Rastplätzen vorbeifahren, die meine Erinnerungen wecken.
Die Fahrer Mustafa und Halif

Die Fahrer Mustafa und Halif

Wegen kleinerer Pannen und einer Zollproblemen an der marokkanischen Grenze, kamen wir letztendlich einen Tag später an, als geplant. In Tiznit angekommen, war ich nicht mehr darauf angewiesen, andere LKW anzuhalten, denn in Marokko gibt es zahlreiche Busunternehmen, die Überlandfahrten nach Europa anbieten- allerdings nicht direkt nach Deutschland, sondern höchstens bis Frankreich. Schnell habe ich ein Unternehmen gefunden, das bis nach Paris fährt; nächste Abfahrt: morgen früh um 09.00 Uhr. Das Ticket für 60 € habe ich mir noch vor Ort gekauft- günstiger kommt man wohl nicht von Südmarokko nach Paris (der Ryanair-Flug wäre ca. 200  € gewesen). Gut, dass ich mittlerweile längere Autofahrten gewöhnt war, denn diese Busfahrt ist nicht ohne: Von Mittwoch, 09.00 Uhr fahren wir bis Freitag um 12.00 Uhr durch! 3 Fahrer wechseln sich Tag und Nacht ab; Pausen gibt es alle 4 Stunden, um zu essen und auf die Toilette zu gehen, denn WC´s gibt es im Bus nicht. Letztendlich war es aber halb so schlimm, da ich mehr als die Hälfte der Zeit schlafend verbracht habe. Ansonsten konnte ich mir die Lanschaften Marokkos, Spaniens und Südfrankreichs anschauen- noch ein Vorteil im Gegensatz zum Flugzeug. Übergesetzt sind wir übrigens, genau wie ich auf der Hinfahrt, mit der Fähre von Tanger nach Algeciras- das Ticket war bereits im Preis inbegriffen.

Da ich freitags ankommen sollte, hatte ich für die letzte Strecke nach Hause eine besondere Idee; um diese zu realisieren musste ich nicht mehr machen, um kurz meinen Freund Jens daheim in Stahlhofen anzurufen und ihm zu sagen, dass ich auf dem Weg nach Paris bin. Innerhalb von 24 Stunden hatte er ein großes Auto organisiert sowie meinen Bruder André und meinen Freund Lukas eingespannt- und mir einen Riesen-gefallen getan!

Mit etwas Verspätung kam ich schließlich nach 56 Stunden Fahrt in Paris an. Als ich aus dem Bus steige, würde ich am liebsten gerade wieder zurückfahren: 4°C und Nieselregen. Ich versuche tapfer zu sein, bin die Kälte aber einfach nicht mehr gewohnt! Leider habe ich nicht daran gedacht ein Hotel zu reservieren und finde kein Zimmer. Wie gerufen kommt in dieser Situation ein französischer Radfahrer, der mir zum Schlafen seine Garage anbietet; eine Gastfreundlichkeit, von der ich mich eigentlich schon -wie vom guten Wetter- verabschiedet hatte.

Am Samstag war es endlich soweit. Jens, André und Lukas bereiten mir einen Empfang warten mit wehender Deutschlandfahne und einem Tequila Sunrise als Begrüßungscocktail auf mich- ein Empfang, den ich so schnell nicht vergessen werde. Nachdem wir ein Hotel gefunden hatten (was trotz Navi nur ca. 2 Stunden gedauert hat;)), verbringen wir den Abend in verschiedenen Kneipen. Am nächsten Tag steht Kultur auf dem Programm: vom Louvre über die Champs-Élysées bis zum Arc de Triomphe- von oben gibt es gratis einen Blick über die ganze Stadt. Danach ging es dann- diesmal im Auto- die letzten Stunden bis nach Hause; ein voll und ganz gelungenes Wochenende und der perfekte Abschluss meiner Reise.

Jens, Lukas, André und ich vorm Louvre

Jens, Lukas, André und ich vorm Louvre

Das Wichtigste zum Schluss

Bevor dieser vorerst letzte Blogeintrag zu Ende geht, möchte ich mich bei euch allen für euer Interesse an meiner Reise bedanken! Die Gewissheit, dass es Menschen gibt, die meine Erfahrungen mit mir teilen, wenn auch nur indirekt über den Blog, hat mir immer das Gefühl vermittelt, nie ganz alleine zu sein. Ob es nun Leute sind, die zufällig im Internet meine Berichte gesehen haben, oder gerade die Menschen, die ich kenne; aus meinem Heimatort, Freunde und Familie- ich habe mich immer gefreut, euch in Gedanken bei mir zu haben. Und ähnlich, wie ich es getan habe, als ich Afrika verlassen habe, werde ich auch diesen Blog nicht verlassen, ohne euch das Versprechen zu geben, dass diese Reise nicht meine letzte war; ich weiß noch nicht wann, wo und wie, aber eins weiß ich sicher- Fortsetzung folgt!

Danke für´s Mitlesen,

bis zum nächsten Mal,

euer Sascha



Fotoalbum

1 02 2011

Neben einem neuen Blogeintrag, habe ich dieses Mal auch ein Fotoalbum erstellt mit Aufnahmen, die ich im Blog nicht hochgeladen habe. Es ist nur eine kleine Auswahl von 22 Fotos, die ich natuerlich nach und nach erweitern werde. Sie dienen nicht, wie mein Blog, dazu meine Reise zu dokumentieren, sondern gefallen mir einfach besonders gut, weshalb ich sie in diese kleine Galerie aufgenommen habe.

Unter folgendem Link koennt ihr die Fotos ansehen:

http://s1141.photobucket.com/albums/n597/SaschaAfhakama/



spontanter Richtungswechsel

1 02 2011

Hallo zusammen,

im Gegensatz zum letzten Mal, habe ich diesmal in der Tat Neuigkeiten zu berichten: ich habe kurzentschlossen meine Reiseplaene geaendert und werde nun nicht mehr in den Senegal, sondern morgen frueh nach Bamako, in die Hauptstadt Malis fahren- und das nicht mit dem Fahrrad, sondern als Mitfahrer im Auto. Bevor ich euch aber in Ruhe erzaehle wie es dazu kam, werde ich, wie immer, die vergangenen Tage seit meinem letzten Blogeintrag in Dakhla zusammenfassen; eure Geduld ist also gefragt, um nicht gleich nach unten durchzublaettern.

Die letzten Tage in Marokko

Nachdem ich am Morgen nach meinem Blogeintrag Salah’s Familie und Dakhla verlassen hatte, ging es erst einmal wie gewohnt nach Schema F weiter: 1 Polizeikontrolle, 1 Tankstelle, Zelten am Mobilfunkmasten- alles wie gehabt. Bei der Polizeikontrolle am 2. Tag werde ich allerdings vom Beamten gewarnt: ab diesem Posten sei 10-20 m abseits der Strasse mit herumliegenden Minen zu rechnen, weshalb dort unbedingt den ausgefahrenen Pisten zu folgen sei! Ich sehe die Neuigkeit optimistisch, bedeutet sie doch, dass ich mich allmaehlich dem Grenzgebiet zu Mauretanien naehere, es geht also voran- und das ist schliesslich eine gute Nachricht!

DSCF2283

In der Tankstelle neben der Kontrollstation hat der Verkaeufer gleich noch eine schlechte Nachricht fuer mich: auf den naechsten 160 Km gaebe es keinerlei Moeglichkeit Wasser oder Brot zu bekommen- eine gute Werbung fuer seine Produkte- und so kaufe ich mir 6 Brote und 2 Flaschen Wasser extra, die ich mir unter die Spanngurte klemme und mache mich auf den Weg.

Am folgenden Tag passiert dann das, was hier in der Wueste auf diesem Abschnitt gerade nicht passieren sollte: mein Hinterreifen verliert Luft. Da ich noch nicht weit gekommen bin und mir zum Wechseln des Schlauches die Wahl zwischen Strasse und Wuestensand bleibt, bevorzuge ich vorerst einfach aufzupumpen und mit schleichendem Plattfuss weiterzufahren,waehrend ich eine geeignete Haltemoeglichkeit suche. Diese finde ich nach 20 Km in Form von einigen Wohnmobile neben einer vermeintlichen Fischerhuette am Stand. Die „Fischer“ stellen sich auf Nachfrage allerdings als Wachposten der „Marine Royale“ heraus (da lag ich ja nur ganz knapp danaben…); es handelt sich um 2 juengere Marokkaner und ihren  „Chef“ (der auch nur so angesprochen wird). Trotz meines nicht gerade schmeichelhaften Audftritts haben sie nichts dagegen, dass ich hier das Rad repariere und anschliessend mein Zelt aufstelle. Nachdem das erledigt ist, bleibt noch Zeit fuer ein entspanntes Bad im Meer und einen Strandspaziergang in der untergehenden Sonne.

DSCF2244
Auch das gibt es in der Wueste: ein Sonnenuntergang am Strand

Am Abend laden mich die 3 Marokkaner zu einer Tajine mit frischem Fisch ein, den der „Chef“ hoechstpersoenlich soeben  geangelt hat (mit meiner Fischer-Vermutung war ich also doch nicht so falsch…), was dem Tag den perfekten Abschluss verleiht. In Urlaubsstimmung versetzt kann ich mich am naechsten Morgen nicht von diesem malerischen Ort trennen und beschliesse somit einen kompletten Strandtag einzulegen. So verbringe ich den Tag nicht strampelnd auf dem Fahrrad, sondern mit Faulenzen in der Sonne, lesen, baden…genau das richtige Kontrastprogramm zum eintoenigen Wuestenalltag.

Die 50 Km bis zur naechsten Raststaette am folgenden Tag sind wegen eines kontinuierlichen Gegenwinds eine einzige Qual. Mehr als 13 Km/h sind nicht drin. An der Tankstelle angekommen, goenne ich mir nach all dem Frust zunaechst einen Haehnchenteller mit Pommes und Salat, wobei sich meine Stimmung wieder bessert; aufs Rad steige ich trotzdem nicht mehr, sondern zelte in dem kleinen Ort. Als der Wind am naechsten Morgen aber immernoch unveraendert blaest, fahre ich zu besagter Tankstelle zurueck und suche mir einen gnaedigen Pickup-Fahrer, der mich die letzten 80 Km bis zur Grenze mitnimmt. Auf der Fahrt werde ich etwas wehmuetig angesichts des bevorstehenden Abschieds von dem Land, das mich 2 1/2 Monate meiner Reise begleitet hat; ich denke zurueck an all die schoenen Erlebnisse, die ich hier hatte und die vielen tollen Menschen, die ich kennen lernen durfte.

Bevor ich das Koenigreich endgueltig verlasse, wechsel ich meine letzten Dirham in Ouguiya, die Waehrung Mauretaniens, um und staune ueber den Wechselkurs: ein Dirham ist stolze 32 Ouguiya wert; ein Euro entspricht 375 Ouguiya. Da der groesste Schein der 2000er ist, hat er einen Wert von etwas mehr als 5 Euro, sprich unserem kleinsten Schein; der kleinste Schein hier wiederum ist der 100er, sprich nicht einmal 30 Cent! Ausgestattet mit der neuen Waehrung hole ich meinen Ausreisestempel ab, passiere die Grenze und verlasse damit offiziell das Koenigreich Marokko- freundlicherweise ist der Ausgang ausgeschildert…

DSCF2289
Hier geht’s raus aus Marokko!

Unmittelbar hinter der Zollstation hoert die Strasse ploetzlich auf, stattdessen wechseln sich Schotter- und Sandpiste ab; es gibt nicht einmal einen eingefahrenen Weg, sondern vielmehr unzaehlige schmale Pfade,ausgebrannte Autowracks liegen auf und neben der Piste „Hilfe! Wo bin ich hier gelandet??“frage ich mich.

DSCF2293
Das muss das Ende der Welt sein!

Als ich schon den Abgrund dieser Welt erwarte (Asterix & Obelix hatten wohl doch recht…), ruecken gluecklicherweise die Fahnen Mauretaniens ins Blickfeld . Doch noch ist die Grenze 5 Km entfernt; ich bin zwar aus Marokko aus-aber noch nicht in Mauretanien eingereist, ich befinde mich also im absoluten Niemandsland zwischen beiden Staaten. Spontan gehen mir einige Fragen durch den Kopf angesichts dieser bizarren Situation: Wer wohl Steuern verlangt, wenn ich mein Haus auf diesem schoenen Flecken Erde aufstellen wuerde? Welchses Geburtsland wohl im Pass des Kindes steht, das hier unverhofft zur Welt kaeme? Und vor allem: Wen muss ich bitte anrufen, wenn ich hier Hilfe brauche??? Zumindest bei dieser Frage faellt mir  die Antwort kurz darauf selbst  ein: Im Zweifelsfall immer die Mama;) Die Notfallnummer fuer alle Faelle!

Ohne Notruf komme ich schliesslich doch noch auf der anderen Seite an. Zu meiner um 7 Tage verfruehten Ankunft stellt der Beamte lediglich eine kurze Rueckfrage, die ich mit einem Fingerzeig auf mein Fahrrad beantworte- da weiss man eben nie so genau… Anschliessend erhalte ich meinen Einreisestempel und befinde mich damit wieder offiziell auf dieser Welt- wenn auch illegal, denn strenggenommen habe ich ja kein Visum, aber so genau nimmt das Gott sei Dank niemand hier.

Einreisestempel und erstes Geld
Ich bin angekommen: Einreisestempel und erstes Geld

Noadhibou

Am naechsten Vormittag komme ich in meiner ersten Station an, wo ich zunaechst die obligatorischen Erledigungen taetige, wie Geld ziehen und einkaufen. Als ich mir anschliessend den Hafen anschauen will, habe ich mal wieder das „Glueck des Reisenden“, als ich Hammada, einen jungen Marokkaner und seine netten Kollegen kennenlerne, die gerade bei der Arbeit sind, wobei wir ins Gespraech kommen. Nach Feierabend laedt er mich zu sich nach Hause ein, wo wir gemeinsam essen und dann in die Stadt gehen. Dort lerne ich schliesslich seine ebenso offenen Freunde kennen und es kuendigt sich ein weiterer laengerer Stadt-Aufenthalt an, als wir schon die naechsten Tage planen, da das Wochenende vor der Tuer steht. Den naechsten Tag verbringe ich mal wieder mit waschen und im Internet-Café, da Hammada noch arbeiten muss. Als er am Abend nach Hause kommt, fahren wir zusammen mit 3 seiner Freunde in das Strandhaus seiner Familie, um zu fischen. Bis um 03.00 Uhr in der Frueh haben sich immerhin 3 Fische erbarmt, unser Mittagessen am naechsten Tag zu sichern, bevor wir wieder nach Hause fahren, ins Bett fallen und uns endlich ausschlafen.

Hammada und Freund Deballahi
Hammada und sein Freund Deballahi (im traditionellen Gewand)

Fuer den folgenden Tag hatte ich eigentlich geplant diesen Blogeintrag zu schreiben; dabei habe ich aber nicht beachtet, dass ich mich nun in Mauretanien befinde: in der ganzen Stadt ist der Strom ausgefallen. Und das nicht, wie ausnahmsweise mal bei uns einmal eine halbe Stunde, sondern 12 Stunden (!), von morgens 09.00 bis um 19.00 Uhr. Und als warere das nicht genug, bekommt man im gesamten Stadtgebiet keinen Handyempfang! Noadhibou ist einfach mal komplett von der Aussenwelt abgeschnitten. In jeder europaeischen Stadt hiesse das absoluter Ausnahmezustand und selbst in Marokko waere so etwas nicht denkbar. Hier aber laeuft das Leben weiter, als waere nichts geschehen. In den Geschaeften werden eben Kerzen aufgestellt, geheizt und gekocht wird eh nur mit Gas- und ansonsten heisst es abwarten und Tee trinken, was Hammada, ich und seine Familie zu Genuege getan haben; auch sie sind an diesen Zustand gewoehnt und harren zu Hause aus; man erklaert mir, dass dies haeufiger vorkommt, da hier schlicht niemand seinen Strom bezahlt und der daher eben haeufiger abgestellt wird.

Schnell habe ich festgestellt, dass Marokko nicht nur geografisch, sondern eben auch kulturell genau zwischen Europa und Afrika liegt; dem „echten“ Afrika, so wie man es sich wohl typischerweise vorstellt, wenn man an diesen Kontinent denkt, weshalb in Noadhibou zum ersten Mal eine Art „Afrika-Feeling“ bei mir aufkam. So ist der Kontrast, den ich zwischen Europa und Marokko erlebt habe, ebensogross wie der zwischen Marokko und Mauretanien: Die Hautfarbe hat sich von einem dunklen Teint der Araber zu einem zumeist voelligen schwarz der Menschen hier gewandelt, die kaputten Nebenstrassen der marokkanischen Staedte sind kompletten Schotter- und Sandpisten gewichen und das Brot, mit dessen Hilfe man das Hauptgericht in Marokko isst, spart man sich ebenfalls; stattdessen wird alles (!) direkt mit den Haenden gegessen. Auch ich setze ein Zeichen und passe mich den neuen „afrikanischen“ Verhaeltnissen an: Als mir Hammada einmal, mehr sagt, dass ich einen perfekten Afrikaner abgeben wuerde, wenn ich nur ihre Kleidung truege, gehen wir zusammen auf den Markt und kaufen mir eine „Boubou“, das Gewand der Mauritanier.

Nun bin ich auch aeusserlich in Afrika angekommen
aeusserst praktisch: die mauretanische Boubou

Nouakchott

Nach 4 Tagen bei Hammada in Noadhibou war es schliesslich Zeit fuer mich aufzubrechen. Da sich die Landschaft im Gegensatz zur Kutur aber nicht wirklich veraendert hat, beschloss ich nun endgueltig die Wueste zu verlassen- und zwar schnell. Also habe ich mich, wie einige Tage zuvor, neben die Strasse gestellt und auf das naechste Farzeug gehofft, das mich und mein Rad in die Hauptstadt Nouakchott, 450 Km entfernt, bringen kann. Ein Marokkaner mit einem Mercedes-Bus war schliesslich so freundlich, mir diesen Wunsch zu erfuellen. Nach 4 Stunden Fahrt kamen wir nach Anbruch der Dunkelheit in der Herberge in Nouakchott an, wo ich viele andere Afrika-Reisenden traf, die mit Motorrad, Fahrrad oder Autos unterwegs sind. Unter diesen waren 3 junge Franzosen, die mit ihrem Mercedes-Bus Schulbuecher nach Bamako/Mali bringen, im Rahmen einer Hilfsorganisation. Sie machen diese Tour schon zum 3. Mal und haben den ganzen Abend von dieser Stadt geschwaermt; da sie ausserdem alle ausgesprochen sympathisch sind, habe ich spontan beschlossen sie nach Bamako zu begleiten- Abfahrt morgen frueh. Vor einer Stunde bin ich von der malischen Botschaft zurueckgekommen, wo ich mein neues Visum beantragt habe; wiederum 1 Monat fuer diesmal 20 Euro- ein gluecklicher Zufall, dass ich sie gerade in der Hauptstadt getroffen habe…

frisch aus der Botschaft: mein 3. Visum
frisch aus der Botschaft: mein 3. Visum

In  voraussichtich 3 Tagen werden wir die 1500 Km nach Bamako zurueckgelegt haben, wo wir anschliessend einige Zeit verbringen werden. Wie es danach weitergeht, ob ich zurueck an die Kueste fahre oder weiter ins Innere des Kontinents, ob mit dem Fahrrad oder dem Auto, weiss ich im Moment selbst noch nicht- jetzt geht es erst einmal nach Mali, das 3. Land innerhalb von 2 Wochen. Ich bin froh, dass meine Reise nun einen neuen Impuls bekommt und freue mich schon auf die neuen Eindruecke, die mich in Bamako erwarten.

Was das fuer welche waren, werde ich im naechsten Blog erzaehlen; ich bin selbst gespannt, von wo aus das sein wird.

Bis dahin Liebe Gruesse,

euer Sascha



Im Sueden nichts Neues

19 01 2011

Hallo zusammen,

ich schreibe euch dieses Mal aus Dakhla, einer Stadt die gleichzeitig eine Halbinsel und deshalb das Zentrum der marokkanischen Fischereiwirtschaft ist; ausserdem ist sie die letzte Station vor der Grenze zu Mauretanien. Seit meinem letzten Blogeintrag vor nunmehr 2 Wochen  hat sich bei mir sehr wenig bis gar nichts veraendert, sodass ich eigentlich noch keinen neuen schreiben wollte. Da ich aber versprochen habe, den naechsten Artikel kuerzer zu machen, habe ich mich doch dazu durchgerungen, dem Alltag auf der Nationalstrasse 1 einen eigenen Eintrag zu widmen.

Ein ganz normaler Tag in der Wueste…

…laesst sich in nur einem Foto detailliert darstellen:

DSCF2002

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte

Statt, wie beim letzten Eintrag, auf die einzelnen Tage einzugehen, werde ich diesmal gleich den Grossteil der Tage mit einem exemplarischen Tagesablauf beschreiben:

Der Tag beginnt gegen 8.00 Uhr, wenn die Sonne aufgeht und mich in meinem Zelt aufweckt. Als allererstes mache ich mir in Ruhe Fruehstuck, um fit zu werden; typischerweise Brot mit Marmelade und Milch, die ich aus Milchpulver und Wasser mische (was gar nicht so schlecht schmeckt, wie es sich anhoert..). Um diese Uhrzeit ist es noch richtig kalt und ich lasse meine 2 Hosen, Fleece und Pulli, mit denen ich geschlafen habe, noch an. Dann heisst es Sachen zusammenpacken, umziehen, Zelt abbauen und Fahrrad fertig machen, bevor es um etwa 10.00 Uhr auf die Strecke geht. Nach 20-30 Km mache ich die erste Pause, oft an den Klippen mit Blick auf den endlosen Atlantik, dem die Strasse fast durchgehend folgt.

DSCF1843

Mittlerweile steht die Sonne hoch am Himmel und brennt mit gefuehlten 30°C und mehr auf die trockene Erde; Sonnencreme, Kopfbedeckung (Helm) und ausreichend Wasser sind daher nach wie vor Pflicht. Zum Glueck, muss man da schon fast sagen, weht ein durchgehend starker Seitenwind Richtung Atlantik, sodass ich fast nie geschwitzt, aber dafuer oft genervt bin.

Mittags hoere ich zur Ablenkung meist Musik  oder ein Hoerbuch, waehrend ich die naechsten 30 Km bis zur Mittagspause zuruecklege. Bis dahin bin ich hoffentlich an wenigstens einem Café oder einer Tankstelle vorbeigekommen, um meine Flaschen aufzufuellen und Brot zu kaufen- wenn nicht, komme ich noch bis zum Mittag des naechsten Tages mit meinen Vorraeten hin, danach wirds problematisch… Ziemlich sicher passiere ich auch mindestens eine Polizeikontrolle, die hier in der Westsahara in unregelmaessigen Abstaenden folgen. Hier wird der Pass kontrolliert und die Personalien festgehalten, waehrend man den ueblichen Smalltalk mit den zumeist ebenso neugierigen wie netten Polizisten fuehrt. Die letzte Etappe des Tages  ist immer die angenehmste, da die Temperaturen nun spuerbar gesunken sind. Nach etwa 80 Km ist mein Tagwerk vollbracht und ich fange um 17.30 Uhr an, nach einem geeigneten Zeltplatz Ausschau zu halten- schliesslich versuche ich hier in der Westsahara stets an einem einigermassen sicheren Ort zu uebernachten. Diesen finde ich entweder in Form eines der unzaehligen Mobilfunkmasten, der -selbstverstaendlich- rund um die Uhr von einem einsamen Waerter bewacht wird, der einem meist bereitwillig einen Platz zeigt, beim Zeltaufbau hilft und oft auch ein Glas Tee fuer seinen „Gast“ bereit hat. Oder aber ich finde eine der vielen Fischerhuetten an der Kueste, die hier im Gegensatz zu den Mobilfunkmasten, die ich schon aus vielen Km Entfernung sehen kann, schwerer zu entdecken sind. Habe ich einen Platz gefunden, wiederholt sich die Prozedur vom Morgen in umgekehter Reihenfolge. Wenn alles klappt, kann ich mit etwas Glueck noch die Sonne ueber dem Meer versinken sehen- oft das Highlight des Tages.

DSCF2072

Nun wird es Zeit, meinen Spirituskocher auszupacken und mir etwas Warmes zu essen zu machen- unterwegs gibt es schliesslich nur Brot, Bananen und Orangen- aber auch hier sind die Moeglichkeiten begrenzt, da ich so gut wie keine verderbliche Nahrung mitnehmen kann. Standardgericht ist daher Reis oder Nudeln mit Tomatensosse, die ich aus Konzentrat, Wasser und Gewuerzen anruehre; bin ich in den letzten 2 Tagen in einem Ort mit Geschaeften vorbeigekommen, habe ich ausserdem etwas Gemuese, wie Zwiebeln oder Karotten, die ich anbrate und ebenfalls zur Sosse gebe. Abends lese ich oft noch ein paar Zeilen in einem meiner englischen second-hand Buecher, bevor ich gegen 22.00 Uhr einschlafe.

Dieser Tagesablauf wiederholt sich so lange, bis ich eine der wenigen groesseren Staedte erreiche, durch die „meine“ Strasse fuehrt. Seit meinem letzten Eintrag in Tan-Tan waren das genau 3: Laayoune, Boujdour und nun Dakhla. Auch wenn es in diesen Wuestenstaedten so gut wie nichts zu sehen gibt, versteht es sich von selbst, dass ich hier zumindest einen Tag und eine Nacht verbringe, um einzukaufen, ins Internet-Café zu gehen und einfach einen Kontrast zu der Routine unterwegs zu bekommen. Waehrend ich in Laayoune lediglich diese ueblichen Dinge erledigt habe und anschliessend in einer Tankstelle uebernachtet habe, hatte ich in Boujdour und hier in Dakhla wieder das Glueck auf sehr nette und gastfreundliche Menschen zu treffen, die hier nicht unerwaehnt bleiben sollen.

Boujdour

Nachdem ich in Boujdour Lebensmittel auf dem Markt eingekauft hatte (u.a. frischen Fisch), begab ich mich wie immer zur letzten Tankstelle im Ort. Es sah schon nach einem „Standard-Aufenthalt“ wie in Laayoune aus, als mich der Waerter der Tankstelle, Abdelhadi, einlaedt, mit ihm in seinem Haeusschen statt im Zelt davor zu uebernachten. Zwar sind seine Franzoesisch- durchaus mit meinen Arabischkenntnissen zu vergleichen;), aber gluecklicherweise spricht Abdula, der junge Tankstellenwart, beide Sprachen sehr gut und fungiert somit als Dolmetscher. Geboren ist Abdula in einem kleinen Ort direkt in der Wueste, von wo aus viele Touristen zu Dromedar- oder Jeeptouren in die Duenen starten (auch in meinem Fremdenfuehrer ist der Ort beschrieben). Von daher verdiente er und seine Familie auch genau damit ihr Geld- bis ihm ein Freund der Familie das Angebot machte, fuer mehr Geld in Boujdour in der Tankstelle zu arbeiten; das war vor 8 Monaten. Nun will Abdula so schnell wie moeglich wieder zurueck in seinen Heimatort; er hat seine Arbeit satt, kann aber nicht weg, bevor nicht ein Ersatz gefunden ist, da er seinem Bekannten nicht auf die Fuesse treten will…

Es war ein sehr schoener Abend zu 3. und es tat gut, mal wieder ein Gespraech zu fuehren, das ueber den ueblichen Smalltalk hinausging. Als Dankeschoen fuer ihre Gastfreundschaft, habe ich an jenem Abend die Tajine, das Nationalgericht der Marokkaner, mit dem Fisch und dem Gemuese vom Markt fuer uns alle selbst gekocht.

DSCF2038

Tajine kommt immer gut an- Abdula, Abdelhadi und ich vor dem Essen

Am naechsten Tag konnte ich mal wieder mich und meine Sachen waschen und mir ein wenig die kleine Stadt anschauen. Ansonsten habe ich nicht viel gemacht, ausser mich einfach auszuruhen und zu erholen. Am Abend revengierte sich Abdelhadi dann, indem diesmal er fuer uns kochte; es gab…Spaghetti mit Tomatensosse (!) -.- immerhin mit Huehnchenfleisch- dankbar und hoeflich habe ich mir natuerlich jegliches Kommentar verkniffen.

Dakhla

170 Km vor Dakhla wurde mein Fahrrad-Alltag eines Morgens von einem netten Marokkaner namens Abderahman an einer Tankstelle unverhofft unterbrochen. Ich bin gerade dabei meine Sachen zusammenzupacken, als er mich fragt, wo ich denn hin will. „Dakhla“ sage ich- welch ein Zufall, dass auch er dorthin will; die Chancen stehen immerhin 50:50.  Ob ich nicht bei ihm mitfahren will, fragt er dann. „Das geht nicht, da ich ein Fahrrad und viel Gepaeck habe“ gebe ich zurueck; Das sei kein Problem, schliesslich habe er einen Landrover. Da ich mir lebhaft vorstellen kann, wie die letzten 2 Tage bis Dakhla aussehen wuerden, brauche ich nicht lange zu ueberlegen, um mein Rad, so wie es ist, auf seine Ladeflaeche zu schaffen. Doch selbst im Auto bin ich schnell von der monotonen Landschaft gelangweilt, geniesse die Fahrt aber troztdem in vollen Zuegen.

DSCF2094

Abderahma und sein Landrover haben mir 2 Tage erspart

Naiv wie ich nunmal bin, habe ich mir im Vorfeld erhofft, in der Hauptstadt des Fischfangs irgendwie auf eines der zahlreichen Fischerboote zu kommen, um einmal selbst mit in See stechen zu koennen. Somit fuehrt mein erster Gang auch gleich zum Hafen. Dort folgte dann aber die Ernuechterung: Ohne „autorisation“ laeuft hier gar nichts, und die ist schwer zu bekommen. Abgeschreckt von soviel Buerokratie, begnuege ich mich damit, mir einen ganzen Tag lang das geschaeftige Treiben am Hafen anzuschauen und Zeit mit den netten Fischern hier zu verbringen; am Ende darf ich sogar doch noch mit auf’s Boot- allerdings nur fuer’s Foto.

DSCF2107

Bei dieser Gelegenheit lerne ich Salah kennen, einen gespraechigen Fischer und gebuertigen Sohn Dakhlas. Obwohl ich mich am Hafen ohne Fahrrad bewegt habe (von dem ich dachte, dass es meist den groessten Eindruck macht), hat er mich gleich zu sich nach Hause eingeladen- ich muesse einmal richtigen marokkanischen Fisch, zubereitet von seiner Frau, probieren. Da er aber an diesem Abend bis in die Morgenstunden arbeiten muss, verschieben wir unser Treffen auf den naechsten Tag und ich suche mir einen ruhigen Zeltplatz neben einem Warterhaeusschen am Strand. Gestern dann stellte mich Salah erst seiner Frau und seinen beiden aufgeweckten Kindern vor und zeigte mir anschliessend die Stadt und den (Fisch-) Markt. Danach gab es, wie angekuendigt, den „besten“ Fisch der Stadt- der seinen Namen nicht umsonst traegt, wie ich finde.

DSCF2145

Salah und seine Familie

Heute werde ich noch einmal bei Salah uebernachten, bevor es dann morgen wieder weitergeht. Im Prinzip koennte ich noch laenger hier bleiben, da ich fuer die verbleibenden 400 Km bis zur Grenze noch mehr als 10 Tage Zeit habe, bis am 01.Februar mein Visum beginnt. Da ich nun aber schon den 3. Tag in Dakhla bin und lieber etwas zu frueh als zu spaet an der Grenze bin, werde ich doch aufbrechen. Die Strecke bis dorthin soll noch verlassener sein, als sie es die ganze Zeit schon war- versorgungstechnisch koennte es also etwas eng werden.

Der naechste Bericht folgt also aus Mauretanien- ich bin gespannt, was sich mit dem Grenzuebertritt wieder alles verandern mag und hoffe, dass ich bis dorthin unterwegs nicht verdurstet bin.

Liebe Gruesse,

euer Sascha

PS: Soeben habe ich eine kleine „Pinnwand“ eingerichtet. Ihr findet sie; indem ihr ganz oben auf der Seite „Pinnwand“ statt „Home“ auswaehlt. Dort koennt ihr gerne eure Kommentare hinterlassen, wenn ihr wollt. Ausserdem habe ich mal wieder meine Route aktualisiert, was ich bei den letzten beiden Artikeln versaeumt habe- ihr findet sie wie immeram Ende des Artikels; etwas zoomen hilft, wenn man’s genauer wissen will.



Die Wueste ruft

4 01 2011

Ein frohes neues Jahr 2011 wuensche ich all meinen treuen Mitlesern;)

Ich sitze im Moment in einem Internet-Cafe in Tan-Tan, einer der wenigen Stadte mitten im Nichts zwischen Agadir und der mauretanischen Grenze. Nachdem die letzten Berichte in ziemlich grossen Abstaenden folgten und daher etwas ueberblicksartig ausfallen mussten, habe ich mir gedacht, diesen etwas frueher zu bringen und dafuer mehr auf die einzelnen Tage einzugehen- ein bisschen Abwechslung kann ja nicht schaden…anfangen werde ich dort, wo ich beim letzten Mal aufgehoert habe, in Marrakesch.

Die rote Stadt

Meine Tage in Marrakesch waren insgesamt sehr nett; dies vor allem wegen der tollen Familie von Boujeema, an die ich gewissermassen vermittelt worden bin. Dem Ruf als „magische Stadt“ ist Marrakesch meiner Meinung aber nicht gerecht geworden. Der sagenumwobene Platz Djem el Fna ist zwar wirklich einzigartig, letztendlich geht es aber mal wieder nur darum, den Touris auf kreative Art und Weise das Geld aus der Tasche zu locken. Man kann kein Foto machen von irgendetwas, ohne dass nicht gleich jemand angelaufen kommt und dafuer die Hand aufhaelt-schrecklich! Offenbar haben auch die Marokkaner erkannt, dass ein Fotoapparat ein vermeintliches Zeichen fuer Wohlstand ist (nur nicht bei mir;) ). Leider tappe ich trotzdem in die Falle: Als die marrokanische Bauchtaenzerin aber 5 mal mehr als meinen Alibi-Dirham haben will, den ich zoegernd gebe, will ich mein Geld zurueck und das Foto loeschen; man kann darauf eh kaum etwas erkennen. Doch das gefaellt der Guten ueberhaupt nicht- „Degage!“ (Hau ab!) ist alles, was sie mir mitzuteilen hat- Das Foto loesche ich am Ende doch.

Schlangenbeschwoerer auf dem Djem el Fna- gut, dass die Kamera einen guten Zoom hat...

Schlangenbeschwoerer auf dem Djem el Fna; gut, dass die Kamera einen guten Zoom hat...

In der Wohnung geht es da schon sehr viel freundlicher zu. Der Umgang ist wie gewohnt herzlich und unkompliziert- bereits am 2. Tag werde ich von den Eltern „mein Sohn“ genannt, nicht zum ersten Mal als Gast bei einer Familie: Hier in Marokko ist man in vielerlei Hisicht sehr viel direkter als bei uns. Jeden Abend erzaehlt mir der Vater Geschichten aus dem Koran; er ist ueberzeugt davon, dass ich eines Tages dem Islam beitreten werde.  Wie fast jede Familie, die ich hier kennengelernt habe, ist auch diese sehr glaeubig. Wenn ich in einer seiner wenigen Sprechpausen vom Christentum erzaehle, schuettelt er nur den Kopf: – „Wie soll denn ein Kind ohne Mann geboren werden? Das kann doch schon gar nicht stimmen.“ -“ Durch Gott“, versuche ich zu erklaeren, „Gerade das nennen die Christen ja das Wunder in der Bibel.“ – „Ach Was! Es gibt nur einen Gott und der braucht keine Frau und keinen Sohn. Da gibt es kein Wunder!“… Nur gut, dass ich kein Missionar bin- schnell schalte ich wieder auf Zuhoeren um.

Langsam verstehe ich, warum hier keine Weihnachtsstimmung aufkommen will. Doch zumindest in DER Touristenhochburg schlechthin haette ich an Heiligabend etwas mehr als ein paar Lichterketten vor manchen Restaurants erwartet, aber selbst auf dem Djem el Fna ist nichts zu sehen. Mein erstes Weihnachten weit weg von zu Hause- schnell merke ich, wie wenig vom Weihnachtszauber uebrig bleibt ohne Winter, Schnee, festlicher Dekoration und vor allem: ohne Heimat, Freunde und Familie. Gut, dass ich hier wenigstens die Moeglichkeit habe mit der family zu Hause zu skypen, so koennen sie beruhigt im fernen Stahlhofen feiern.

Die hohen Berge

Wegen drohender Zeitnot und meiner allgemeinen Abneigung gegen Berge, hatte ich eigentlich vor, den Hohen Atlas so weit wie moeglich zu umfahren. Inspiriert durch die Berichte anderer Radreisender dort, entschied ich mich spontan aber dann doch fuer den direkten Weg- ueber den Tizi ’n‘ Test, einen Pass auf ca. 2100 m. Laut besagter Berichte soll der im Winter zeitweilig eingeschneit sein (daher entsprechende Ankuendigung im letzten Artikel). Tatsaechlich finde ich zwar gefrorene Strassen (gluecklicherweise) aber keinen Schnee vor- ein Erlebnis war es trotzdem!

Bereits von Marrakesch aus kann man die eingeschneiten Gipfel der Berge erkennen, die sich majaestetisch am Horizont auftuermen. 30 Km hinter der Stadt beginnt schliesslich der Aufstieg ins Gebirge.

vie deutlicher kann eine Warnung kaul ausfallen- ab jetzt gehts bergauf!

viel deutlicher kann eine Warnung nicht ausfallen: ab jetzt gehts bergauf!

Am 1. Tag fahre ich gleich auf ca. 1100 m rauf- ueberraschend schmerzlos, wie ich finde. Waehrend der Nacht im Zelt abseits der Strasse spuere ich aber den Unterschied: es ist deutlich kaelter als am Vortag und vor allem- wunderbar still; ich geniesse die voellige Ruhe, die nur ab und zu von einem Auto unterbrochen wird. Die 62 Km am 2. Tag  sind sogar noch schlerzfreier als die am 1; es geht leicht auf und ab, aber ich habe Schlimmeres erwartet- die Aussichten, die sich mir immer wieder bieten sind hingegen wie erhofft.
DSCF1406
Am Abend in einem Dorf angekommen laedt mich der Direktor der dortigen Schule zum Uebernachten ein. Ich zelte in einem Unterstand neben dem Schulhof; gegessen wird auf ausrangierten Schulbaenken, die mir natuerlich viel zu klein sind.
DSCF1457
Am 3. Tag folgt schliesslich der eigentliche Aufstieg zum Pass. Bei einem kurzenTee vorm Aufbruch werden mir 24 Km bergauf angekuendigt. Der Hoehenunterschied ist dabei gar nicht so gross- die Strasse schlaengelt sich wie eine Murmelbahn bei maessiger Steigung den Berg hinauf und gibt immer wieder einzigartige Panoramas preis. Ein Glueck, dass ich bestes Wetter erwischt habe, so habe ich eine klare Sicht- ebenso klar, dass sich meine Fahrt deutlich verlaengert durch die vielen Foto-Stops, die ich einlege.
DSCF1487
Unterwegs treffe ich ein hollaendisches Radler-Paar mit einem GPS: noch 12 Km und 300 Hoehenmeter- das Ende naht! Kurz vor dem Pass wird die Luft richtig frostig, eine Pfuetze auf der Strasse ist gefroren; bei Sonne und ansteigender Strasse gerate ich aber selbst in Trikot und kurzer Hose noch ins Schwitzen. Als der Pass fast erreicht ist, habe ich einen tolllen Blick auf den hoechsten Berg im Gebirge (und gleichzeitig in ganz Nordafrika), den Djiebel Toubkal mit 4167 m. Schnell noch ein Beweis-Foto, dann geht es ueber den Pass auf die andere Seite.
Foto mit dem hoechsten Berg Nordafrikas- so muss sich Reinhold Messner einst gefuehlt haben;)

Foto mit dem hoechsten Berg Nordafrikas- so muss sich Reinhold Messner einst gefuehlt haben;)

Hier erwartet mich ein 40 Km langer Abstieg auf einer tollen Panorama-Strasse. Also lange Hose, Muetze, Fleece und Jacke an & ab geht’s. 3 Tage Aufstieg, 1 Stunde Abfahrt (wiederum mit zahlreichen Foto-Pausen;) ) – so schnell ist mein Berg-Abenteuer vorbei…
Die lange Strasse
Unten angekommen scheint die Sonne so heiss zu brennen wie noch nie; vielleicht hatte ich mich schon an die frische Bergluft gewoehnt?! Im 1. groesseren Ort seit 3 Tagen will ich endlichwieder richtig einkaufen- wie praktisch, dass ich genau am Wochenmarkt komme, denn guenstiger und frischer kann man in Marokko nichts bekommen. Ich decke mich ein mit 3 Broten, je einem halben Kilo Bananen und Orangen, ausserdem Zwiebel, Kuerbis & Kartoffel fuer’s Abendessen- alles zusammen fuer umgerechnet 1,50 Euro!
Am Abend zelte ich -wie schon haeufiger- neben einer Tankstelle. Den Tip hierzu habe ich von einem marokkanischen Radler bekommen. Tatsaechlich brauche ich mein Anliegen nie lange erklaeren, um einen Zeltplatz in oder neben der Station zu bekommen, die die ganze Nacht von einem Waerter bewacht wird, natuerlich gratis- aeusserst praktisch!
Gestaerkt von einem grossen Gemuesetopf  am Vorabend und fit nach meinem Hoehentraining geht es am naechsten Tag mit Rueckenwind auf in Richtung Kueste. Aufgrund der optimalen Bedingungen, stelle ich meinen bisherigen Marokko-Rekord auf: 105 Km, das gab es sonst nur in Frankreich und Spanien; scheint so, als ob die alte Form langsam zurueckkehrt.
Sind das etwa schon die Tropen???

Sind das etwa schon die Tropen???

An diesem Tag schlafe ich ich in einem riesigen Bananen-Gewaechshaus- durch Zufall habe ich ausgerechnet den Besitzer der Plantage nach einem geeignetem Zeltplatz gefragt. Die Atmosphaere ist in der Tat wie im Dschungel: die Luft ist heiss, feucht und erfuellt von den Lauten der Grillen, die diese die ganze Nacht von sich geben. Endlich kann ich mich auch mal wieder waschen- mit einem Eimer kaltem Wasser; Gott sei Dank steht hier die Luft! Zum Abschied bekomme ich noch Orangen und -natuerlich-eine riesige Staude Bananen geschenkt.
Die ersten Kilometer des naechsten Morgens geniesse ich noch den angenehmen Rueckenwind, dann biege ich ab auf eine Strasse, die mich die komplette Kueste entlang durch die Sahara und schliesslich nach Mauretanien fuehren wird: Die Nationalstrasse 1.
Die Nationalstrasse 1- eine sehr, sehr lange Strasse

Die Nationalstrasse 1- eine sehr, sehr lange Strasse

Angeblich ist das Atlas-Gebirge eine natuerliche Grenze innerhalb Marokkos, die Norden und Sueden voneinander trennt. Zumindest klimatisch koennte das durchaus stimmen, denn zum 1. Mal waehrend meiner Tour setzt mir die Sonne richtig zu; ich fuehle mich matt und kraftlos. Immerwieder muss ich anhalten und mich im Schatten ausruhen und versuche gegen die Hitze anzutrinken, mehr als 4 Liter an diesem Tag; die Lippen bleiben trotzdem sproede. Auch landschaftlich kuendigt sich eindeutig ein Wechsel an: Die Vegetation ist im Gegensatz zum Norden stark zurueckgegangen; Kakteen und Steine bestimmen das Bild, nur vereinzelt ist noch eine einsame Palme zu entdecken.
Nicht mehr zu uebersehen: Die Wueste rueckt naeher

Nicht mehr zu uebersehen: Die Wueste rueckt naeher

Auch die Ortschaften werden weniger, zwischen 2 Siedlungen liegen gerne schon mal 40 Km- gut, dass ich dank zusaetzlichem Getraenkehalter nun bis zu 5,5 Liter mitnehmen kann. Dem Marokkaner, der mit Turban am Strassenrand sitzt und mich um einen Schluck bittet, gebe ich daher natuerlich gerne etwas ab. Am Ende dieses Tages frage ich in einem Dorf nach einem sicheren Zeltplatz. Zunaechst bekomme ich einen Vorraum der Moschee angeboten, doch dieser ist offen und zu klein, um das Zelt aufzustellen. Zumindest den Kindern des Ortes gefaellt es, das der Fremde genau in der Dorfmitte schlafen soll, denn hier kann man ihn und seine Ausruestung in aller Ruhe inspizieren. Ich habe nichts dagegen, denn im Gegensatz zu vielen anderen Kindern Marokkos, sind diese allesamt zurueckhaltend-freundlich.
So eine Brille und ein Helm sind schon was Tolles...

So eine Brille und ein Helm sind schon was Tolles...

...und auch ine Kamera kann begeistern

...und auch eine Kamera kann begeistern

Als ich mich schon mit vielen Decken auf eine kalte Nacht eingestellt habe, kommen ploetzlich 2 junge Marokkaner vorbei und laden mich zu sich nach Hause ein; sie hatten von dem Radler gehoert, der neben der Moschee schlafen soll- zumindest, dass Neuigkeiten nicht lange geheim bleiben, scheint auch hier nicht anders zu sein. Im Haus esse ich mit noch 3 anderen Freunden eine leckere Tajine; zum Nachtisch lege ich die grosse Bananenstaude auf den Tisch.
Mit Tiznit erreiche ich am 3. Tag „im Sueden“ die 1. groessere Stadt an der langen Strasse. Ich kaufe mir erst einmal Sonnencreme und Lippenbalsam, wobei mich ein freundmicher Marokkaner anspricht; Ich schaetze ihn auf Anfang 30. Er erzaehlt, er repariere Wohnmobile, die durch die Stadt kommen- wenn ich will, kann ich in seinem Atelier uebernachten. Ich hatte zwar eigentlich vor noch ein Stueck weiterzufahren, aber warum eigentlich nicht!? In der Werkstatt angekommen diskutieren wir ueber die Lebensumstaende hier und in Europa. Wie so viele junge Maenner, will auch Adil so bald wie moeglich dorthin auswandern. Was die Arbei angeht hat er ueberzeugende Gruende: Versicherung, Rente und Sozialleistungen sind fuer ihn ausschlaggebend. Mit seinen 100 € Monats(!)gehalt lebe er naemlich gewissermassen von der Hand in den Mund- das verstehe ich gut. Zumindest aber was die Menschen, ihre Mentalitaet, sowie das Land selbst angeht, sind wir uns einig, dass Marokko Europa eindeutig vorzuziehen ist…und was seinen Gehalt angeht, rate ich ihm bei seinem franzoesischen Chef eine Gehaltserhoehung zu fordern- das hatte er sowieso vor, sagt er.
Adil, der Mechaniker aus Tiznit

Adil, der Mechaniker aus Tiznit

An Sylvester verlasse ich die „grosse Strasse“, um eine kleine Abwechslung auf einer kleineren Route an der Kueste entlang zu nehmen. Auf die Art kann ich die letzte Sonne des Jahres ueber dem Atlantik untergehen sehen und am Strand zelten. Gluecklicherweise finde ich dort eine kleine Huette. Sie gehoert einem Fischer, der sich ueber ein wenig Gesellschaft freut; ueberrascht nimmt er zur Kenntnis, dass heute Sylvester sein soll. Bei dem ersten Bad im Meer hier werden Erinnerungen an die Zeit in Spanien wach, nur dass das Mittelmeer im Oktober waermer war als der Atlantik im Dezember. Am Neujahrsmorgen stehe ich extra frueh auf, um mit dem Fischer zu fruehstuecken und die ersten Sonnenstrahlen festzuhalten, die auf meinen Premium-Zeltplatz fallen. Hoffentlich sind die Aussichten fuer 2011 ebenso gut wie von dort oben…
Mein erstes Neujahr am Strand

Mein erstes Neujahr am Strand

Die grosse Wueste
Fast schon zu spaet komme ich an diesem Tag voller Kurven, Berge und Schweiss in meinem Etappenziel Guelmim an. Die Zeit reicht gerade noch, um meine Einkaeufe auf dem Markt zu machen und mir eine Tankstelle zum Zelten zu suchen. Der freundliche Tankwart laedt mich am naechsten Morgen zu sich nach Hause ein, doch ich lehne dankend ab, denn heute erwartet mich nichts als Einoede; die naechste Stadt Tan-Tan ist 140 Km entfernt und bis dahin soll es auf halber Strecke genau eine kleine Ortschaft mit 2 Cafés geben, also breche ich lieber gleich auf.
Nichts-so weit das Auge reicht
Unterwegs kommt bald richtiges Wuestenfeeling auf- kein Wunder, denn ich befinde mich inzwischen mitten in der Hammada, einem Vorboten der grossen Sahara-Wueste. Waehrend der vergangenen Tage sind dann auch die letzten einsamen Palmen verschwunden und es herrscht absolutes Nichts- so weit das Auge reicht. Daher  habe ich so meine Schwierigkeiten einen geeigneten Platz zum Pausieren zu finden: es gibt einfach nirgendwo Schatten! Da muss schon mal ein Strassenschild als Schutz vor der extremen Sonne herhalten. Die Einsamkeit wird lediglich von ein paar Ziegen- und der ersten riesigen Kamelherde unterbrochen, die ich bisher zu Gesicht bekommen habe- aber keine Sorge, ich wurde gewarnt;)
DSCF1699
Bei der besagten Siedlung angekommen, die tatsaechlich im Grunde aus 2 Cafés besteht, werde ich prompt vom Koch des einen zum Uebernachten eingeladen- das trifft sich gut, denn in der verbleibenden Stunde Tageslicht kann ich meine Sachen waschen und auf der Terasse aufhaengen. Bei einem Omlett und einer Tasse Tee fuehre ich ein langes Gespraech mit eben diesem Koch, der in seinen jungen Jahren als Student viel herumgekommen ist: England, Frankreich, Spanien und natuerlich Afrika- entsprechend interessant sind seine Ansichten zu der Politik seines Landes und der Europas.
Die zweite Haelfte der Strecke nach Tan-Tan ist, wie nicht anders zu erwarten, ganz aehnlich wie die erste. Eine Polizeikontrolle unterwegs, ansonsten bekomme ich kein Gesicht ausser durch eine Autoscheibe zu sehen. Es ruecken bereits die ersten Sandduehnen ins Blickfeld- wenigstens eine kleine Veraenderung erwartet mich in den naechsten Tagen also noch, von Geroell zu Sand…
Die gestrige Nacht habe ich hier in Tan-Tan bei einem Marokkaner verbracht, den ich gestern in dem einsamen Ort im Café kennengelernt habe. Leider ist er aber heute wieder nach Guelmim gefahren, sodass ich mir gleich mein Rad nehmen und die letzte Tankstelle des Ortes aufsuchen werde, schliesslich ist es schon dunkel geworden beim Schreiben dieses Artikels.
Morgen frueh geht es dann wieder auf die Strecke, naechste Station ist Laayoune, die „Hauptstadt der Wueste“, wie man sie hier nennt, ich bin gespannt.
So, ich darf jeden, der bis zum Ende durchgehalten hat, herzlich zu dieser Leistung beglueckwuenschen und verspreche, mich beim naechsten Mal kuerzer zu fassen;)
Alles Gute,
euer Sascha


Die Entdeckung der Langsamkeit

24 12 2010

Froehliche Weihnachten aus Marrakesch!

So langsam scheine ich auch mental in Afrika angekommen zu sein: Wie waehrend der gesamten Zeit seit meiner Ankunft in Marokko, habe ich auch in den vergangenen Wochen viel gesehen, tolle Begegnungen gehabt- und bin eher wenig Fahrrad gefahren. Daran aenderte auch nichts, dass sich Raphael und Sandra, das franzoesische Paar mit dem ich seit Tanger zusammen gefahren bin, nur wenige Tage nach meinem letzten Blogeintrag dazu entschlossen haben ihren Aufenthalt in Marokko um 3 weitere Monate zu verlaengern; da mir das dann doch etwas zu viel Zeit war, habe ich beschlossen, meine Reise wieder alleine fortzusetzen. Seitdem wir uns in Meknes getrennt haben, war ich in Rabat, Casablanca, zu Gast bei einer marokkanischen Familie, bei der ich fast eine ganze Woche verbracht habe, und bin nun seit 2 Tagen in Marrakesch- puenktlich zum Weihnachtsfest (auch wenn das nicht meine Absicht war…).

Obwohl ich vor einigen Tagen die 5000-Km-Marke ueberschritten habe, bleibt mir fuer mehr als die Haelfte der Strecke bis zur Grenze nach Mauretanien nur noch weniger als die Haelfte der Zeit, da dann mein 3-monatiges Visum fuer Marokko auslaeuft. Wie es aussieht, muss ich wohl langsam wieder etwas Gas geben- ob ich will oder nicht.

Fes, Meknes und Rabat

Bevor ich meinen Reisebericht fortsetze, folgt noch ein Nachtrag zum letzten Bericht in Form eines Bildes, das ich das letzte Mal noch nicht von meiner Kamera (die ich immernoch habe-intakt;) ) kopiert hatte. Es handelt sich um die traditionellen marokkanischen Ledergerber und -faerber, die wir bei mitten im Gassenlabyrinth der Medina von Fes entdeckt haben.

DSCF0104

Dieses Handwerk ist zwar schoen anzusehen, aber keineswegs ein Genuss fuer alle Sinne- der Gestank rund um den Platz war selbst vom Dach des benachbarten Hauses noch extrem.

Am Tag nach meinem Bericht aus Fes hatte sich das Wetter tatsaechlich etwas gebessert- die Meinungen, ob das zum Fahrradfahren ausreichen wuerde, gingen aber auseinander, sodass Raphael und Sandra das Taxi bevorzugten, waehrend ich mich entschied die 70 Km nach Meknes zusammen mit meiner Regenjacke aus eigener Kraft zurueckzulegen. Dort angekommen ging es mit dem Regen zwar weiter; ein Teil des Marktes ist aber ueberdacht und daher vorm Regen geschuetzt. Gut so, denn an den Staenden hier wurden die Waren so kunstvoll praesentiert, wie ich es bisher noch in keiner anderen Stadt gesehen habe.

DSCF0186

DSCF0190

Nach einem letzten gemeinsamen Tee mit Raphael und Sandra ging es fuer mich dann alleine weiter Richtung Rabat. Auf dem Weg dorthin wurde ich von einer ausgesprochen sympathischen Familie zum Uebernachten eingeladen. Als -wie immer- bald meine Karte ausgepackt und meine bisherige und weitere Route besprochen wurde, erzaehlte die Mutter von ihrer Schwester, die mit Mann und Kindern in Marrakesch wohnt „Wenn du am Bahnhof bist, ruf uns einfach an- sie holen dich dann ab“ Na gut- wenn ihr das sagt… Am Abend liess es sich die Mutter dann nicht nehmen, einen Riesen Couscous fuer die ganze Familie zuzubereiten; den groessten, den ich je gesehen habe. Aber da in Marokko immer alle  von einem Teller essen, sind die Dimensionen etwas andere als die in Europa; uebrigens ist der Couscous das einzige Gericht, das mit Loeffel und nicht mit den Haenden gegessen wird.

DSCF0378

Nach der Staedtetour, die ich zusammen mit Raphael und Sandra in den Wochen zuvor hinter mich gebracht habe, beschloss ich in Rabat nur das Noetige zu erledigen und erst in Casablanca wieder zu uebernachten. Also fuhr ich mich auf direktem Weg zur mauretanischen Botschaft, wo bereits eine lange Schlange von Afrikanern und anderen Reisenden darauf warteten, das 4-seitige Antragsformular abgeben zu koennen. In diesem wurde u.a. nach einer Auflistung aller Laender gefragt, die man in den letzten 10 Jahren besucht habe sowie eine Anschrift, unter der man in Mauretanien erreichbar waere. Am Ende nahmen es die Beamten mit den Angaben aber doch nicht so genau, sodass bei den Laendern Frankreich und Spanien ausgreicht haben und mir der Mauretanier vor mir kurzerhand seine Adresse „ausgeliehen“ hat; groessere Probleme bereitete da schon das Einreisedatum und die Dauer des Aufenthaltes, die ich vor Ort voraussagen musste- Fahrradreise hin oder her. Zur Auswahl standen 3 Tage, 6 Tage, 1 oder 3 Monate- jeweils mit aufsteigenden Gebuehren. Ich entschied mich fuer einen Monat fuer 35 Euro ab dem 1. Februar; so habe ich in Marokko fast die gesamten 3 Monate meines Visulms hier genutzt und immerhin 4 Wochen fuer das deutlich kleinere Mauretanien. Zunaechst stellte mir der Beamte allerdings ein Visum aus, das sofort beginnen sollte; gut dass ich den Fehler bemerkt haben, denn sonst waere mein Visum abgelaufen noch bevor ich die Grenze erreicht haette. Nachem ich ihn au den Fehler aufmerksam gemacht hatte, fand ich nach kurzem Warten den richtigen Aufkleber in meinem Pass wieder- Vetrauen ist gut, Kontrolle eben besser…

DSCF0410

Casablanca

Auf der 2-taegigen Fahrt nach Casablanca, der groessten und „westlichsten“ Stadt Marokkos, wurde ich von einem jungen Marokkaner zu einem Tee bei ihm zu Hause eingeladen; er reif mir einfach nach, als ich auf der Strasse an ihm vorbeifuhr. Auch wenn er immer wieder betonte, dass ich als Reisender bei ihm und seiner Familie stets willkommen bin und mich wie zu Hause fuehlen solle, zog es mich nach dem Tee wieder auf die Strasse- erst einige Tage spater sollte ich erfahren, dass diee Worte keineswegs leere Floskeln, sondern durchaus ernst gemeint waren.

In Casablanca suchte ich mir wie immer das guenstigste Hotel, das ich finden konnte -im Uebrigen guenstiger als die ebenfalls vorhandene Jugendherberge- und besichtigte als erstes die riesige Mosche Hassan II (benannt nach dem letzten Koenig, der sie in Auftrag gegeben hat) mit dem hoechsten Minarett der Welt.

DSCF0487

Leider darf man als Nicht-Muslime die Moschee nur im Rahmen einer kostenpflichtigen Fuehrung, die ausserhalb der Gebetszeiten stattfindet Da diese Moschee zusammen mit einer weiteren aber die einzige in ganz Marokko ist, die ueberhaupt von andersglaeubigen betreten werden darf, habe ich die 6 Euro bezahlt und bin zusammen mit den anderen deutschsprachigen Touris und meinem Fotoapparat um den Hals unserem „Guide“ durch die Innenraeume der Moschee gefolgt.

DSCF0604

Tatsaechlich hielt das Innere, was das Aeussere versprach; allerdings steht der zur Schau gestellte Reichtum dieses Prunk-Baus, dessen Kosten in die Milliarden gingen, im krassen Kontrast zu den Lebensverhaeltnissen der Einwohner in der Medina. Offenbar war man auf der Suche nach einem Wahrzeichen fuer die Stadt (und der Koenig fuer sich), denn ansonsten gibt es im Wirtschaftszentrum Marokkos nicht viel zu sehen. Am Abend bin ich noch gemuetlich ueber den Souk geschlendert, der zwar der groesste, nicht aber unbedingt der schoenste des Landes ist, und machte mich schliesslich auf den Weg nach Marrakesch.

Ich war schon einen Tag unterwegs, als mir ploetzlich ein Gedanke kam: Nachdem ich Marrakesch verlassen haben wuerde, kaemen die Berge und danach die Wueste- mit dem gruenen Marokko, wie ich es bisher kennengelernt habe waere es auf jeden Fall vorbei; und damit auch mit den vielen kleinen Hoefen, wo die Familien fast alles, was sie zum Leben brauchen selbst herstellen und sich mehr oder weniger selbst versorgen. Zwar hatte ich so ziemlich jede groessere Stadt in Nordmarokko ausgiebig besichtigt, nie aber das wirkliche Leben einer Familie auf dem Land kennengelernt- und das wollte ich jetzt nachholen, bevor es zu spaet war. Als ich nachdachte, wie ich so etwas am besten machen koennte, musste ich nicht lange nachdenken, um auf Said und seine Familie zu kommen, den jungen Marokkaner, der mich einige Tage zuvor zum Tee eingeladen hatta.

The simple life

Das erste, was Said am Telefon fragte war, „quand tu vas nous visiter, Sascha? ; wann kommst du uns besuchen, Sascha?“ „Ich bin heute Abend bei euch“ antwortete ich, wohl wissend, dass ich schon 2 Tagesetappen von dem Haus entfernt war. Da ich  den Hinweg aber schon hinter mich gebracht hatte, fand ich es nicht ehrruehrig fuer den Rueckweg das Taxi zu nehmen. Das ist hier kein Problem, da man in Marokko fuer ein Fahrrad und 30 Kg Gepaeck keinen Bus oder auch nur einen Pick-braeuchte; in das Auto gehen schliesslich noch 6 Personen- plus Fahrer: Die Standardbeseztung fuer marokkanische Ueberlandtaxis. Allerdings zahlt man mit Rad fuer diese abenteuerliche Fahrt den doppelten Preis, was bei 1,50 Euro fuer 40 Km aber noch zu verkraften ist.DSCF0689

Die Tage bei Said und seiner Familie waren fuer mich ein ganz eigener Abschnitt meiner Reise. Nicht nur die Art zu leben und der Tagesablauf unterschieden sich vollkommen von dem einer deutschen Familie, sondern auch die Umgangsformen; die Herzlichkeit und Selbstverstaendlichkeit mit der ich von der ganzen Familie aufgenommen wurde, kann ich mir in Deutschland kaum vorstellen. Alles war viel einfacher und natuerlicher und ich habe mich von der ersten Minute an wohl gefuehlt. Als ich am Abend zum Beispiel nach einer Dusche gefragt habe, da ich die letzte in Casablanca hatte, wurde schnell ein Feuer vor dem Haus gemacht und ein Wasserkessel darueber gehaengt; das warme Wasser wurde dann in eine grosse Schuessel geschuettet. Gewaschen habe ich mich dann im Stall bei den Kuehen- weil es dort schoen warm ist; ein Badezimmer gab es naemlich nicht. Viele wuerden diesen Lebensstil als arm bezeichnen; tatsaechlich hat die Familie nicht viel Geld- aber das braucht sie auch nicht fuer das Leben, das sie fuehrt. Wasser kommt eben nicht aus dem Hahn, sondern aus dem Brunnen vor dem Haus, Lebensmittel nicht aus dem Supermarkt, sondern vom eigenen Hof: Eier von den 30 Huehnern, Getreide und Mehl von den eigenen Feldern, mit dem die Mutter selbst das Brot backt und Milch von der Kuh, die jeden Abend nach dem Weiden gemolken wird (auch ich durfte mich mal versuchen -mit Erfolg- vom Euter direkt ins Glas; und die Milch schmeckt deutlich anders als „die Gute von Schwaelbchen“).

DSCF0929

Dementsprechend ist der Vater auch nirgendwo angestellt, geht keinem Beruf nach- seine Arbeit ist der Hof und das Haus. Und hier gibt es gerade besonders viel zu tun, da das gesamte Haus renoviert wird und ein kleiner Anbau dazu kommt. Die Arbeit macht Mohammed, der Vater, natuerlich selbst mit Hilfe von Freunden und Verwandten. Dadurch konnte auch ich mich ein wenig nuztlich machen, sei es Betoneimer hin- und her tragen, Stall ausmisten, Huehner, Gaense, Hunde, Stiere oder die Ziege fuetteren oder die 3 Kuehe und 4 Schafe auf oder von der Weide fuehren oder mit dem Rad in den 3 Km entfernten Ort zum Einkaufen zu fahren. Fuer diese kleinen Taetigkeiten war ich sehr dankbar, gab es mir doch das Gefuehl nicht nur Urlaub auf dem Bauernhof zu machen (diesmal tatsaechlich…), sondern auch ein bisschen behilflich sein  zu koennen. Normalerweise macht das Mohammed naemlich alles alleine, denn die Kinder sind tagsueber in der Schule; Said selbst geht in einer Fabrik in der Naehe arbeiten- Den Lohn teilt er mit seinem Vater.

DSCF1099

Immer wieder haben die Eltern gesagt, dass ich doch noch etwas bleiben solle und wahrscheinlich haette ich gleich bei Said und seiner Familie als neues Familienmitglied einziehen koennen, wenn ich nicht haette weiter fahren muessen.  So hiess es nach 6 Tagen schliesslich schweren Herzens Abschied nehmen; die Traenen, die dabei bei den Eltern geflossen sind, zeigten mir, dass mein Besuch auch fuer sie etwas ganz Besonderes war. Und wer weiss, vielleicht bietet sich eines Tages eine Gelegnheit fuer ein Wiedersehen- inschalah.

Marrakesch

Abgesehen von dem stuermischsten Wetter, dass ich auf der gesamten Tour erlebt habe und das meinen 2 Zeltstangenbruechen einen dritten hinzufuegte, war die Fahrt nach Marrakesch gepraegt von eintoenigen Landschaften mit endlosen Feldern und Olivenplantagen. Als ich schliesslich in der Stadt angekommen war, die sich als die schoenste des ganzen Landes ruehmt, wollte ich die Spontanitaet der Marrokaner ein wenig auf die Probe stellen. Ich fuhr zum Bahnhof und waehlte die Nummer der Familie, die ich auf dem Weg nach Casablanca kennen gelernt hatte. Und tatsaechlich- einen Anruf und 30 Minuten spaeter holten mich Boujemaa, der Mann der besagten Schwester, mit 2 seiner Soehne ab!

So kommt es, dass ich seit vorgestern wieder zu Gast bei einer sehr netten Familie und an Weihnachten nicht alleine bin. Dadurch kann ich den Weihnachtsabend auf dem beruehmten place jamea el fana verbingen, auf dem noch am ehesten besinnliche Stimmung aufkommt, die man ansonsten im warmen, muslimischen Marokko  naemlich vergeblich sucht.

Morgen frueh geht es dann weiter Richtung Sueden- oder besser gesagt Richtung Himmel, denn gleich hinter der Stadt warten die Berge des Hohen und des Anti Atlas auf mich. Diese werde ich auf einer kleinen Strasse mit einem Pass von 2092 Hoehenmetern ueberwinden- bleibt nur zu hoffen, dass mein Fahrrad auch im Schnee eine gute Figur macht.

Von einem Extrem geht es direkt ins naechste, denn nach dem Schnee des Hohen Atlas folgt unmittelbar der Sand und das Geroell der beginnenden Sahara. Hier werde ich mich wieder an der Kueste halten, wie im Oktober in Spanien. Und auch der Fahrstil wird an meine Zeit in Europa erinnern muessen, um nicht wegen meines Visums in Zeitnot zu geraten, was mir angesichts der kargen Landschaft und wenigen sehenswerten Orten wohl nicht allzu schwer fallen duerfte.

Zwar kommen die Gruesse fuer den Heiligabend etwas spaet, aber die Feiertage kommen ja erst – von daher wuensche ich allen, die dies noch rechtzeitig lesen, besinnliche und ruhige Weihnachtstage.

In diesem Sinne,

euer Sascha



Andere Laender – andere Sitten

30 11 2010

DSCF9583

Das Wichtigste in aller Kuerze: Seit 2 Tagen befinde ich mich in Fes, einer Grossstadt im noerdlichen Marokko. Ich bin nach wie vor mit dem franzoesischen Ehepaar zusammen, das ich in Tanger getroffen habe; der vierte von uns, Efe, ist unterwegs in einer Stadt haengengeblieben.  Seit meinem letzten Eintrag haben wir das Rif-Gebirge durchquert und 3 weitere Staedte besucht, in denen wir jeweils ein paar Tage geblieben sind: Tetouan, Chefchaouen und nun Fes. Zurzeit haelt uns das schlechte Wetter von der Weiterfahrt ab; eigentlich wollten wir schon heute abreisen.

Es ist nun genau 20 Tage her, dass ich meinen ersten Bericht aus Marokko geschrieben habe. In dieser Zeit habe ich so viel Pfefferminztee wie noch nie in meinem Leben getrunken, war kein einziges Mal in einem Supermarkt einkaufen, musste einsehen, dass es auch in Afrika einen Winter und schlechtes Wetter gibt, habe haeufiger in Hotels oder bei netten Menschen zu Haude uebernachtet- und bin so wenig Fahrrad gefahren wie noch nie. Kurzum: hier in Afrika steht das Reisen im Vordergund; und der Sport im Hintergrund. Das liegt zum einen an dem Zustand der marokkanischen Strassen; vor allem aber liegt es daran, dass sich das Leben hier so sehr von dem in Deutschland unterscheidet. Es existiert einfach eine voellig andere Kultur, die sich vor allem in der Religion (und der Art wie diese befolgt wird) von der in Europa unterscheidet.

Ein Zeichen dessen, die Verschleierung der Frauen, ist ja nun mittlerweile auch in Deutschland kein ungewohnter Anblick mehr. Daneben gibt es aber auch vieles, das neu ist und an das man sich z.T. erst gewoehnen muss. So geht die Ungleichbehandlung von Mann und Frau weit ueber das Kopftuch hinaus, sodass Frauen z.B. nur sehr selten mit Maennern zusammen essen- in Restaurants und Cafes sind daher fast ausschliesslich Maennergesellschaften zu sehen. Auch habe ich noch keine Frau gesehen, die raucht; fuer Maenner gitlt das Gegenteil. Der Feiertag ist im Islam der Dienstag- Sonntag ist normaler Arbeitstag. Alkohol ist durch die  Religion streng untersagt und gibt es daher auch in keiner Form zu kaufen, weder in Cafes, noch in Restaurants; Bars gibt es daher eh nicht. Dafuer wird umso mehr geraucht, sodass ich den Eindruck habe, dass das Rauchen das Trinken weitgehend ersetzt hat. Die linke Hand gilt im Islam als unrein und ist daher beim Essen tabu- genauso wie Schweinefleisch uebrigens, das ebenso kein Thema ist wie Alkohol.

Aber nicht nur die Religion ist eine andere, sondern die ganze Mentalitaet der Menschen. Diese unterscheidet sich von der in Europa vor allem in der Offenheit, Herzlichkeit, Neugier und der ueberwaeltigenden Gastfreundschaft; diese Unterschiede merkt man als Fahrradreisender ganz besonders. Kaum jemand, der nicht winkt, hupt oder ruft, wenn wir mit unseren Raedern vorbeifahren. Kinder laufen oft am STrassenrand mit, und freuen sich, wenn wir anhalten und sie unsere Raeder genauer begutachten zulassen. Haeufig werden wir auch eingeladen, auf einen Tee, etwas zu essen oder eine Uebernachtung. Das Bewegende dabei ist oft, dass diese Menschen meist selbst nicht viel zum Leben haben; oft nur eine einfache Huette ohne fliessend Wasser- und trotzdem haben sie fuer einen Gast, einen Fremden, immer einen heissen Tee oder ein Stueck Brot uebrig.

Obwohl das alles neu fuer mich ist, werde ich wegen meines Aussehens nicht selten fuer einen Marokkaner, oder zumindest einen Araber gehalten. Spaetestens aber wenn jemand ein Gespraech anfangen will, das ueber „Hallo, wie geht’s“ hinausgeht, muss ich mich als Deutscher outen- wenn auch mit afrikanischen Wurzeln. Mit der Sprache selbst hapert es aber deutlich mehr als mit dem intuitiven Spanisch, da sich Arabisch schon sehr von den mir bekannten Sprachen unterscheidet. Trotzdem versuche ich mir die Worte und Phrasen, die ich von Leuten hoere, zu merken; vorgestern habe ich mir sogar ein Lautschrift-Woerterbuch gekauft. Zum Glueck spricht aber fast jeder ein paar Brocken Franzoesisch, das fuer den Alltag reicht und das ich durch das Reisen mit Raphael und Sandra (mittlerweile kenne ich die Namen;) ) schon gewohnt bin.

Die Route, Etappe 1: Tetouan

DSCF1663

Unsere erste Etappe auf dem neuen Kontinent verlief recht unspektakulaer und vergleichsweise angenehm flach, sodass wir – hier noch zu viert- nach 2 Tagen in Tetouan ankamen. Dank einer sehr nuetzlichen Internetseite, von der Efe zufaellig gehoert hat, auf der fuer jede Stadt in Marokko die guenstigsten Hotels verzeichnet sind, fanden  wir schnell eine schoene Unterkunft mitten in der Fussgaengerzone- wieder fuer schlappe 5 Euro pro Nacht.

DSCF1706

Tetouan war deutlich reizvoller als Tanger: sauber, offen und mit einer sehr charmanten Medina, dem alten Stadtkern. Hier konnten wir jeden Abend durch die engen Gassen schlendern, uns die Staende anschauen und die angebotenen Fruechte, Backwaren und marokkanischen Koestlicheiten probieren. Efe fand es hier offenbar so reizvoll, dass er beschloss noch ein paar Tage laenger zu bleiben und danach den Bus nach Chefchaouen zu nehmen- er wusste wohl, weshalb…

Etappe 2, Chefchaouen

Auf dem Weg zu unserem  naechsten Ziel kamen wir dann zum ersten Mal richtig mit den Bergen des Rif Gebirges in Beruehrung. Doch nicht nur deshalb haben wir uns hier deutlich schwerer getan: stolze 4 Tage haben wir uns mit den knappen 100 Km beschaeftigt. Einen Tag lang musste Raphael seine Erkaeltung auskurieren, am anderen Tag machte heftiger Wind eine Weiterfahrt nach 9 Km unmoeglich und wieder an einem anderen Tag war „Id“, das hoechste religioese Fest im Islam. Diesen Tag haben wir in einem Dorf verbracht, um etwas von dieser Tradition mitzuerleben. Da es sich bei „Id“ um ein Opferfest handelt, schlachtet jede Familie -sofern sie es sich leisten kann- ein Lamm, das anschliessend gegessen wird. Als Gaeste durften wir neben dem Fleisch sogar die Innereien probieren- es hat zwar etwas Ueberwindung gekostet, aber trotdem waren wir fuer diese Geste der Gastfreundschaft sehr dankbar. Nach dem Essen gab es dann noch eine Arabisch-Stunde bis zum spaeten Abend.

DSCF9589

In Chefchaouen selbst ging es dafuer umso schneller. Da die kleine Stadt recht schnell gesehen und zudem touristisch ziemlich ueberlaufen ist, hielten wiruns nur 2 Tage dort auf. Hier habe ich uebrigens meine bisher guenstigsten Hotel-Naechte verbracht: Da das Hotel keine Einzelzimmer hatte, einigten wir uns mit dem Besizter darauf, dass ich im Salon auf dem Sofa schlafe- fuer 3 Euro pro Nacht.

Etappe 3, Fes

Der Weg nach Fes war gepraegt von Kontrasten: einerseits eine Strecke, die durch fast ununterbroches bergauf und bergab fahren schnell an den Kraeften und Nerven zerrte und andererseits die marokkanische Gastfreundschaft, die alle Strapazen vergessen liess.

So kamen wir zwar kaum einen Tag mehr als 40 Km voran, durften aber bei 3 Familien uebernachten und zahlreiche GlaeserTee unterwegs trinken. So lud uns Mohammed, ein Schreiner, mit seinen 6 Kindern ein bei ihm zu Hause zu uebernachten. Da seine Frau mit 2 Kindern ueber die Feiertage bei der Grossmutter war, kochten wir an diesem Abend eine grosse Portion von unserem Reis mit Tomatensosse fuer alle.

PB230030

2 Tage spaeter hatten wir schon unsere Zelte aufgestellt, als uns ein marokkanischer Bauer sein Haus zum Schlafen anbot. Da es schon zu spaet war alles wieder einzupacken, versprachen wir am naechsten Morgen zum Tee vorbeizukommen. Als wir uns so lange festgequatscht hatten, dass das Mittagessen fertig war und man uns partout nicht gehen lassen wollte, ohne mit der Familie zusammen gegessen zu haben, liessen wir uns schliesslich dazu ueberreden, ueber Nacht  zu bleiben und erst am naechsten Morgen weiterzufahren. So konnte uns Boubka seinen Hof, seine Tiere und seine Felder zeigen und es war wirklich interessant zu sehen, wie seine Familie,so wie fast alle Menschen auf dem Land hier, weitgehend unabhaengig alles selbst herstellen, was sie zum Leben brauchen. Getreide, Gemuese und Oliven kommen von den Feldern, die mit Eselgespannen bestellt werden, Milch von den 4 Kuehen, Eier von den Huehnern, die frei auf und um den Hof herum laufen und Fleisch von den Schafen; selbst einen eigenen Bienenstock gab es, um Honig herzustellen. Diesen durften wir am naechsten Morgen zusammen mit Eiern, Milch und selbstgebackenem Brot geniessen- so wuerde ich am liebsten jeden Tag fruehstucken! Der Abschied fiel bei so viel Herzlichkeit schon nach einem Tag schwer…

PB250071

Nun befinde ich mich also in Fes, der bisher groessten und aeltesten Stadt auf unserer bisherigen Route. Was letzteres angeht, wird das auch so bleiben, denn Fes ist die aelteste Stadt Marokkos; was die Groesse der Medina betrifft kann ich mir jetzt schon kaum vorstellen, dass es noch groesser geht: 14 Eingangstore, 350 Viertel, 40 Km an Gassen uns Straesschen, eine wie die andere…um sich dazu verlaufen braucht man nicht unbedingt einen schlechten Orientierungssinn wie ich!

Aber vielleicht haben wir in den naechsten Tagen doch noch Gelegenheit uns zurechtzufinden, denn seitdem wir in Fes angekommen sind, hat es fast ununterbrochen geregnet, weshalb air unsere Abfahrt nun schon zum zweiten Mal herausgeschoben haben- irgendwie Ironie, dass ich in 20 Tagen Afrika mehr Regen hatte als in 2 Monaten Europa. Laut Wetterbericht soll es erst ab Freitag wirklich besser werden, sodass wir vielleicht noch laenger bleiben. Das waere nicht nur wegen der Groesse der Stadt, sondern auch wegen unserer Unterkunft kein Problem. Diesmal haben wir naemlich kein Hotel, sondern eine Pension gefunden fuer den gewohnten Preis; mitten in der Medina und mit eigener Dusche und Toilette auf dem Zimmer- das gab’s noch nie! Aber noch sind wir optimistisch, dass es morgen klappen koennte; „inschalah“, sagt da der Araber so Gott will“…

Ob nun morgen, uebermorgen oder am Ende mit dem Bus: Als naechstes wollen air Richtung Westen nach Meknes und weiter nach Rabat, der Hauptstadt. Hier muessen wir unsere Visa fuer Mauretanien beantragen und nach einer Verlaengerung unseres bestehenden fragen- bei unserem derzeitigen Reisetempo ist es naemlich nicht abzusehen, dass wir innerhalb der 3 Monate, die uns als Touristen zustehen, in Mauretanien sind. Sollte das mit der Verlaengerung nicht klappen, bleibt im Notfall immernoch der Bus…Was am Ende dabei herausgekommen ist, werde ich wohl hoffentlich beim naechsten Bericht wissen.

Bis dahin schicke ich euch schoene Gruesse aus dem verregneten Marokko ins verschneite Deutschland und erinnere mich daran, dass alles relativ ist…

euer Sascha



Tschuess Europa- Hallo Afrika!

10 11 2010

Salam aleikoum aus Marokko,

es ist soweit!  Nach ueber 2 Monaten und genau 3868 Km bin ich vorgestern in Afrika angekommen. Seitdem habe ich mich kaum vom Fleck bewegt, sodass ich immernoch in Tanger an der Nordspitze Marokkos bin. Dafuer war die Zeit seit der Ueberfahrt recht turbulent und hat einige Veraenderungen mit sich gebracht, von denen ich euch gerne erzaehlen will. Zunaechst aber, wie immer, die Ereignisse der Reihe nach.

Die letzten Tage in Europa

Insgesamt muss ich sagen, dass die Costa del Sol mit Abstand am schlechtesten zu fahren war von allen Kuestenabschnitten, die ich bis jetzt kennengelernt habe. Landschaftlich  blieb es zwar aehnlich reizvoll wie die Tage zuvor, aber zugebaute Straende, die das Zelten oft unmoeglich machten und etliche Kilometer auf der Schnellstrasse stellten meine Geduld das ein ums andere Mal auf die Probe.

Nachdem ich den letzten Bericht vor 10 Tagen geschrieben hatte, ging es erste einmal mit einer Zwangspause  und einer unruhigen Nacht weiter, die ich einem starken Wind mit teilweise heftigen Windboen zu verdanken hatte.

Photo 376

Aber das Zelt hat Stand gehalten und ich habe den Tag genutzt, um mich ein wenig auszuruhen- von daher halb so schlimm.

Die folgenden Tage habe ich mich durch endlose Reihen von andalusischen Gewaechshaeusern geschlengelt, die teilweise an den unmoeglichsten Orten standen und das ein-oder andere Landschaftsbild zerstoert haben. Dafuer gab es ein paar schoene Ausblicke auf die schneebededckten Huegel der Sierra Nevada- ganz ohne Gewaechshaeuser.

Photo 405

Was Staedte oder sonstige Sehenswuedrigkeiten angeht, war die Zeit eher entbehrlich. In Malaga gab es viele Luxushaeuser und teuere Geschaefte zu sehen,  ansonsten aber  nicht viel ausser der ueblichen Hotel- und Apartmentansammlungen; Marbella habe ich auf der zweispurigen Schnellstrasse gleich ganz umfahren. Zu der gab es, wie gesagt, eigentlich nie eine Alternative oder auch nur einen Streifen fuer Fahrradfahrer; dafuer war sie aber auch nicht verboten fuer diese, sodass mir diesmal eine Begegnung mit der Polizei erspart blieb.

Einmal abseits von der Strasse habe ich dann folgendes Zeugnis ausgefeilter Beschilderungstechnik bestaunen duerfen, das ich euch nicht vorenthalten will:

Photo 387

Auf den ersten Blick sieht es aus, wie ein ganz normales Schild: „Achtung, in 150 m muss man anhalten“- aber was bedeutet das eigentlich?? Das wiederm erschliesst sich einem erst auf den zweiten Blick, wenn man sieht, was dahintersteckt:

Photo 388

AHA! Nicht einfach abbremsen- Nein, schoen Schritt fuer Schritt, und damit nichts schiefgehen kann gibt es eine detaillierte Anleitung. In Deutschland wuerde man sich ueber den Schilderwald beschweren, aber hier weiss wenigstens jeder, was zu tun ist. Ich finde, das sollte man an jedem Stoppschild so machen.

Nach etwa 3700 Kilometern hatte ich dann meinen 2. Platten bisher (von dem ersten habe ich vergessen zu schreiben…). Dank Flickzeug war die Panne aber kein Problem und es konnte schnell wieder weitergehen- Somit hatte ich erst vorne und jetzt hinten einen Plattfuss; nicht schlecht fuer fast 4000 Kilometer finde ich.

Photo 542

Dass es nichts zu sehen gab, stimmt nicht ganz, auch wenn das fuer Spanien eigentlich nicht zaehlt: Einen Tag vor der Ueberfahrt habe ich mir die englische Enklave Gibraltar mit ihrem beruehmten Felsen angeschaut, auf dem die ebenso beruehmten Berberaffen leben. Gibraltrar ist wirklich ein vollwertiges Stueck England mit allem, was dazugehoert: englische Nummernschilder, englische Polizei mit der typischen Uniform, englische Doppeldeckerbusse und englische Fish n Chips- natuerlich zu englischen Preisen, alles also wie auf der Insel…Aber… Da fehlt doch irgendetwas… etwas, das durch und durch englisch ist und England eindeutig von der spanischen Costa del Sol unterscheidet: Das schlechte Wetter!  Und auch das war typisch englisch, denn die ganze Zeit ueber hing mitten im blauen andalusischen Himmel eine einzelne, dicke, grosse Wolke ueber dem Felsen von Gibraltar, die gleich nach Uebertreten der Grenze fuer kaltes, windiges Wetter sorgte.

Photo 578

Ich finde, es sieht fast so aus, als wollte die Wolke das Stueck englischen Boden vor jeglichem spanischen Einfluss beschuetzen; hinter der Grenze war das Wetter dann wieder perfekt und ich konnte meine Jacke  ausziehen. Die Affen habe ich uebrigens nicht gesehen- dafuer war es zu spaet und der Berg zu steil. Aber trotzdem beweist folgendes Foto, dass ich auf meinem Weg nach Afrika in England war, was nach Luxembourg, Frankreich, Spanien und jetzt Marokko Land Nummer 5 auf meinem Weg ist.

Photo 540

Die ersten Tage in Afrika

Am Samstag war es dann schliesslich soweit: Nachdem ich mir am Hafen von Algeciras fuer 45 Euro ein Ticket gekauft hatte, ging es innerhalb von etwa einer Stunde mit der Faehre raus aus Europa und rein nach Afrika. Genauer gesagt nach Tanger, dem „Tor nach Afrika“- zumindest dachte ich, dass ich dort ankomme… Seit dieser Schifffahrt weiss ich uebrigens auch, dass es im Mittelmeer Delpfine gibt- die sprangen naemlich ploetzlich neben dem Schiff aus dem Wasser; leider zu schnell fuer meine Kamera.

Photo 571

Als ich aus der Faehre aussteige und auf die Strasse fahre, steht vor mir die erste boese Ueberraschung in Form eines Schildes: „Tanger 45 Km“.  „Wieso denn das??“,  frage ich mich- schliesslich habe ich die Faehre nach Tanger genommen und bin davon ausgegangen, auch dort anzukommen; zumal auf meiner Karte ebendiese Verbindung eingetragen war. Aber es nuetzte ja nichts, also habe ich mich auf den Weg in die Stadt gemacht- Unterwegs habe ich dann schon gespuert, dass ich waehrend der letzten Stunde  mehr als nur die Strasse von Gibraltar durchquert habe, nicht nur wegen der Strassenverhaeltnissen,die eindeutig mehr Geduld erfordern, als die Costa del Sol.

DSCF1583

Allerdings habe ich mir das Ganze anders vorgestellt: Ich dachte, ich steige aus der Faehre aus, ziehe mir Geld, gehe einkaufen und suche mir spaeter einen Schlafplatz. Aus diesem Grund hatte ich in Spanien mein letztes Bargeld ausgegeben um, schlau wie ich war, nicht zu einem schlechten Kurs wechseln zu muessen. Ausserdem hatte ich eben nichts mehr zu essen und da es Abend und somit bald dunkel wurde, musste ich das erste Mal auf der Tour meine Lampen und Reflektoren auspacken und in die Stadt fahren. Dort angekommen habe ich mich ersteinmal Geld gezogen, mich in ein kleines marokkanisches Restaurant gesetzt, ne Pizza und ne Cola bestellt und hatte damit ein Problem weniger. Trotzdem wusste ich nicht, wo ich schlafen sollte-   zur Zeltplatzsuche war es zu spaet, Campingplatz war geschlossen, Jugendherberge gibt es keine.

In dieser Situation habe gleich das erste Mal die marokkanische Gastfreundschaft kennengelernt: Der Kellner, der etwas Franzoesisch sprach, war-selbst nie ausserhalb von Tanger gewesen-  von meiner Tour so beeindruckt, dass er jedem davon erzaehlte, der es wissen wollte oder nicht. Wenn nichts zu tun war, hat er sich zu mir gesetzt; hier macht er sich gerade ein Bild davon, was man in Deutschland so fuer Musik hoert- Awaiting Crunch natuerlich;) Das kommt auch in Marokko gut an!

DSCF1586

So wurde ich erst von 2 Marokkanern am Nachbartisch eingeladen, ihre Pizza mit ihnen zu teilen, bevor sie mein Essen gleich mitezahlt haben. Danach hat mir ein anderer Mann einfach 50 Dirham (ca. 5 €) in die Hand gedrueckt, um mir was zu essen zu kaufen- dass ich schon eineinhalb Pizzen hatte, interessierte ihn ziemlich wenig. Schliesslich wurde mir angeboten, die Nacht in dem Raestaurant zu bleiben. Das ist desshalb kein Problem, weil fast  jedes Restaurant einen eigenen „guard“ hat, der die ganze Nacht aufpasst , dass nichts passiert. Man hat mir sogar angeboten, mein Zelt aufzubauen- ich habe aber die Stuehle bevorzugt.

Am naechsten Tag wollte ich mir ein wenig die Stadt ansehen, bevor ich weiterfahre. Dabei habe ich 2 andere Radreisende getroffen, die aehnlich bepackt waren wie ich. Es war ein franzoesisches Ehepaar, das gerade mit der Faehre aus Spanien gekommen ist. Bei einem Tee haben sie mir erzaehlt, dass sie vor 4 Monaten in Frankreich losgefahren sind, und sich seitdem ausgiebig Spanien angeschaut haben. Ihr Haus haben sie verkauft, ihre Jobs gekuendigt und wollen nun die Welt bereisen. Er ist 38, sie 36; ihre richtigen Namen haben sie mir zwar gesagt, ich habe sie aber vergessen, weil sie sich nur beim Spitznamen „Karlitot“ und „Karlita“ rufen.

Die beiden haben eine andere Art des Reisens als ich, da sie sich sehr viel Zeit nehmen, um alles zu sehen, was sie interessiert; immerhin sindsie auch genau 4000 Km gefqhren- aber nicht in 5;) sondern in 2 Laendern. Wenn es ihnen gefaellt, bleiben sie auch ein paar Tage irgendwo. Im Gegensatz dazu bin ich bis jetzt eher an allem vorbeigerauscht. Aber ich wollte nach Afrika kommen- und da bin ich nun. Hier hoert die konkrete Planung auf, wie ich in meinem ersten Bericht geschrieben habe. Und da ich ihre Art des Reisens interessant finde und die beiden sehr sympatisch sind, sodass wir uns sofort gut verstanden haben, haben wir beschlossen, die naechste Zeit zusammen zu reisen; beziehungsweise erst einmal zusammen nicht zu reisen, sondern uns ein paar Tage Tanger anzusehen. Also haben wir ein guenstiges Hotel genommen, unsere Sachen weggebracht und sind in die Stadt zum Essen gegangen.

Wie es das Schicksal wollte, haben wir auf dem Weg dahin einen weiteren Radreisenden getroffen- und seine Art des Reisens unterscheidet sich noch mehr von meiner bisherigen, auch wenn es ueberraschend viele Gemeinsamkeiten gibt: Effe kommt aus London, ist nur 4 Tage nach mir losgefahren, hat auch 10 Tage in der Beaujolais gearbeitet und hatte in Suedfrankreich und Spanien eine aehnliche Route wie ich. Der Unterschied ist, dass er fast schon sein ganzes Leben lang gereist ist. Er ist vor 5 Tagen unterwegs 30 geworden, kommt urspruenglich aus Nigeria, kam mit 14 nach Oesterreich fuer 2 Jahre, bevor er nach England zog. Mit gut 20 Jahren ist er nach Asien gereist, um fuer 5 Jahre in Thailand, China und Vietnam zu leben. Dementsprechend viel hat er zu erzahlen und es ist einfach faszinierend ihm bei seinen Geschichten zuzuhoeren. Jetzt ist er wieder auf dem Weg nach Nigeria, um seine Mutter zu besuchen. Auch er kam an diesem Tag aus Spanien nach Tanger, wo er gerade auf der Suche nach einem guenstigen Hotel war- welch ein Glueck, dass wir ihm da etwas empfehlen konnten. Somit haben wir nun zu viert die Tage hier in Tanger verbracht.

DSCF1635

In dieser Zeit habe ich gemerkt, dass ich tatsaechlich auf einem anderen Kontinent angekommen bin- fast alles scheint hier anders zu sein.Zuerst andere Waeherung: hier zahlt man mit Dirham, der Kurs liegt grob bei 1:10. Bei den Preisen scheint dieser Faktor aber kaum zu existieren; im Restaurant kann man einen vollen Teller mit Getraenk fuer weniger als 3€ bekommen, das Hotelzimmer kostet gerade einmal 5€ pro Nacht. Alles ist guenstig, aber das liegt eben daran, dass hier kaum jemand Geld zum Ausgeben hat- die Armut ist wahrscheinlich der deutlichste Unterschied zu Europa. Uerberall bitten uns Menschen nach Geld, auf der Strasse bekommt man Sachen zugesteckt, die man dann bezahlen soll und oft wird einem „Hilfe“ angeboten, fuer die dann die Hand aufgehalten wird- manchmal schon nach einem einfachen Gespraech. Der Verkehr, den ich direkt nach der Ueberfahrt kennen lernen durfte, scheint da nur eine Nebensache; wobei hier offenbar jeder faehrt, wie er will und man gut aufpassen muss, weil es sonst keiner macht.  Supermaerkte gibt es hier so gut wie nicht. Eingekauft wird auf dem grossen Markt, der jeden Tag stattfindet und auf dem von frischem Obst und Gemuese, Gewuerzen ueber Fisch und ganzen Schweinehaelften, die hier einfach offen aushaengen, alles angeboten wird. Zu guter Letzt ist es eine andere Zeitzone: hier ticken die Uhren eine Stunde frueher als zur europaeischen Winterzeit. Viele Dinge also, die es kennen- und neu zu erlernen gibt.

Morgen wollen wir dann schliesslich wieder aufbrechen. Die Tage hier waren voller neuer Eindruecke, aber langsam wollen wir doch weiter, auch weil es seit unserer Ankunft morgen zum ersten Mal gutes Wetter werden soll- bisher hatten wir oefter Regen; es ist also doch nur fast alles anders. Wohin es gehen soll steht aber noch nicht genau fest und duerfte heute Abend nochmal Thema werden. Karlito und Karlita wollten naemlich eigentlich nach Osten und dann durchs Land an die Kueste, waehrend Effe und ich eher den direkten Weg entlang der Atlantikkueste bevorzugen (noch ein Unterschied- ein neues Meer); aber wir werden schon einen Weg finden;)

Wohin die Reise nun weitergeht, erfahrt ihr dann beim naechsten Bericht.

Bis dahin viele Gruesse aus Marokko,

euer Sascha

*Update*

Mittlerweile habe ich erfahren, warum ich nicht in Tanger, sondern 45 Km ausserhalb angekommen bin: Weil das Verkehrsaufkommen fuer den Hafen in Tanger zu gross wurde, kommen die Faehren aus Algeciras seit wenigen Monaten nicht mehr in der Stadt selbst, sondern  eben an einem ausegalgertem Hafen an- der „Tanger Mediterran“ heisst  …Toll! Diese Aenderung war leider etwas zu neu fuer mich und meine Karte. Beim naechsten Mal weiss ich es besser.



Letzter Bericht aus Europa

30 10 2010

Buenos dias aus Andalusien!

Hiermit melde ich mich aus meiner Spaetsommerpause zurueck; ich bin nun in Roquetas de Mar hinter Almeria an der Costa del Sol (oder kurz davor- die Grenzen sind hier nicht ganz klar…). Da ich seit meinem letzten Artikel quasi die gesamte Ostkueste Spaniens abgefahren bin, gibt es auch wieder einiges zu erzaehlen.

Leider muss ich mal wieder mit einer Verlustmeldung beginnen und mal wieder hat es mit meinen Fotos zu tun: Nachdem ich von meiner Mutter freundlicherweise ihre Digitalkamera als Uebergangsgeraet fuer meine kaputte geliehen bekommen habe, wurde mir diese eine Woche spaeter unterwegs gestohlen- natuerlich samt Speicherkarte! Da ich ja die Woche zuvor schon keine Fotos machen konnte, habe ich somit von mehr als 2 Wochen keine Fotos. Wenigstens hat meine Mutter die Urlaubsfotos auf ihrer Speicherkarte vor meinem Geschick fuer Digitalkameras gerettet- aber die sind zu Hause. Im Uebrigen sind die alten Fotos auch nicht verloren; ich habe sie in weiser Vorraussicht vorher auf einen Stick kopiert. Nur die zwischen Urlaub und Diebstahl sind weg- und die Kamera.

Costa Brava & Costa Daurada

DSCF0261

Aber nun zur Sache: Nach meinem letzten Bericht aus Nordspanien habe ich am naechsten Tag -wie angekuendigt- Barcelona besucht. Ohne auf Einzelheiten einzugehen, finde ich, dass Barcelona eine wirklich schoene Stadt ist: weitlaufig und offen, gruen, modern & mit vielen interessanten Dingen zum Besichtigen (besonders die Kathedrale Sagrada Familia). Vor allem die Tatsache, dass die Stadt nicht so gedraengt gebaut ist und alles dicht an dicht steht schafft eine sehr angenehme Atmosphaere- das trifft uebrigens auch auf viele andere spanische Grossstaedte wie Valencia oder Alicante zu, durch die ich gefahren bin und die dadurch mit dem Fahrrad auch gut zu erkunden sind.

Am Abend des gleichen Tages habe ich dann meine Eltern (und unsere beiden Hunde;-)), die selbst am Nachmittag angekommen sind, in ihrem Urlaubsort getroffen.Die naechsten 7 Tage konnte ich dann wieder alle Vorzuege eines „normalen“ Lebens geniessen- ganz besonders natuerlich die ausgezeichnete Kueche von meiner Mama, die ich hier ganz uneigennuetzig und zufaellig erwaehnen moechte;-). Aber auch alles andere- Haus, Stand und meistens auch das Wetter waren so, wie man es sich im Urlaub wuenscht und haben dafuer gesorgt, dass ich mich in der Zeit sehr gut erholen konnte.

Nach dem Urlaub ging das Sightseeing dann mit Tarragona weiter (es ist praktisch, dass viele grosse Staedte direkt an der Kueste liegen..). Die Stadt hat alles, was man von einer alten Roemerstadt erwarten kann: Theater, Amphitheater, Aquaedukt etc.. Leider sind solche Dinge ohne Fotos nur halb so interessant, weshalb ich mir Details spare. Was aber vielleicht auch ohne Fotos interessant ist, ist die Begegngnung, die ich kurz hinter Tarragona hatte- mit 2 Polizeibeamten auf der Autobahn. Natuerlich wollte ich nicht auf die Autobahn fahren, auch wenn sich dass komisch anhoert, aber hier ist es nicht so wie in Deutschland, wo alle Strassen klar voneinandergetrennt sind. Rund um die groesseren Staedte erstreckt sich naemlich ein dichtes Netz aus Schnellstrassen und Autobahnen- und da geht eine vormals kleine Nationalstrasse ploetzliche in eine Autovia ueber oder fuehrt auf eine Autobahn, ohne dass es irgendwelche Ankuendigungen oder Alternativen gaebe. Da ich auf der Karte gesehen habe, dass einige Km weiter die naechste kleinere Strasse liegt und die Autobahn nicht so gross und befahren ist wie in Deutschland (wo ich mich nie drauftrauen wuerde!), musste ich es darauf ankommen lassen. Allerdings kam ich nicht weit, bis ich von einem Polizeiauto angehalten wurde. Die Beamten erklaerten mir dann in schlechtem Englisch, dass sie mich und mein Rad mit auf die Wache nehmen und mir 100 Euro abnehmen muessten! Da ich das mit allen Mitteln verhindern musste, habe ich mich bereit erklaert sofort die Autobahn zu verlassen. Gluecklicherweise war neben der Strasse ein kleiner Feldweg, allerdings von einem 2 Meter hohen Zaun getrennt. Nach laengerer Diskussion hatte ich es aber geschafft, dass mir einer der Beamten sogar geholfen hat, meine Sachen ueber den Zaun zu heben. Vielleicht spielte dabei eine Rolle, dass sie einsehen mussten, dass sie mein Fahrrad wohl kaum einfach so in ihren Kofferraum legen koennten. Wie auch immer, es ist nochmal gut gegangen.

Costa Blanca

Bis nach Valencia ist nichts Besonderes passiert, ausser dass ich einige Probleme mit der Gangschaltung hatte, sodass ich schliesslich in einer Fahrradwerkstatt um Hilfe bitten musste, wo mir aber direkt und umsonst geholfen wurde.

P1060122

Kurz vor Valencia dann habe ich einen anderen Radreisenden getroffen, einen 63-jaehrigen Franzosen namens Noel, der nach Kamerun fahren will, um dort zu leben- das heisst er faehrt nicht mehr zurueck! Da er die gleiche Route nehmenb will wie ich und einen netten, wenn auch sehr eigenen, Eindruck machte, sind wir die naechsten 3 Tage zusammen gefahren. Ihm ist es auch zu verdanken, dass ich von dieser Zeit Fotos habe, da ich mir seine kopiert habe. In diese Zeit faellt auch die Sache mit der Kamera. Wir haben gerade Pause vor einem grossen Einkaufzentrum gemacht und ich habe draussen auf ihn gewartet. Ich sass vor dem Eingang auf dem Parkplatz auf einem grossen Stein und habe mir Fotos angeschaut. Als ich etwas gegessen habe, habe ich die Kamera neben mich auf den Boden gelegt (im Nachhinein ist mir aufgefallen, dass ich sie nicht VOR, sondern eben NEBEN mich gelegt habe, sodass ich sie nicht direkt im Blick hatte). Als ich 5 Minuten spater aufstehen will ist sie weg. Der oder diejenige muss ziemlich schnell, mutig und dreist gewesen sein, vor allem weil der Bereich vor dem Eingang kameraueberwacht war. Als ich den Diebstagl bemerkt habe, habe ich beim Sicherheitspersonal der Einkaufszentrum nach den Ueberwachungsbaendern gefragt, falls sich der Dieb noch in der Naehe befindet. Dafuer ist aber eine Anzeige noetig, die ich dann auch im naechsten Ort bei der Polizei erstattet habe. Das war wiederum nicht so leicht, weil man in spanischen Behoerden (oder zumindest bei der Polizei) verloren hat, wenn man kein Spanisch spricht: als ich dem Beamten aus meinem Sprachfuehrer vorgelesen habe, dass meine Kamera gestohlen wurde und ich Anzeige erstatten will, zuckte der nur mit den Schultern und zeigte auf ein Blatt an der Wand, wo in verschiedenen Sprachen stand „Wenn sie Anzeige erstatten wollen, muessen sie einen Dolmtescher mitbrinen“. Kurz davor voellig auszurasten oder zu verzweifeln, habe ich den widerwilligen Polizisten schliesslich doch noch dazu bekommen mir eine Anzeige zu schreiben, womit ich wieder zum Einkaufszentrum gefahren bin. Nachdem der Chef des Sicherheitsdienstes sich das Band angeschaut kam aber die grosse Ernuechterung: Kurz bevor die Kamera gestohlen worden sein muss, ist die Ueberwachungskamera zur anderen Seite umgeschwaengt und man kann nichts sehen (fragt sich, wofuer das Teil ueberhaupt existiert…). Frustriert von so viel Pech habe ich beschlossen meinen Schmerz mit Konsum zu betaeuben;-) und habe mir noch im gleichen Einkaufszentrum eine neue Kamera gekauft. Diesmal aber eine digitale Spiegelreflexkamera, mit dem man deutlich bessere Fotos machen kann als mit meiner alten Kompaktkamera (Kostprobe weiter unten…).

DSCF0329

Ich muss sagen, dass Fotografieren mit einer guten Kamera sogar richtig Spass machen kann- und wenn ich mit dieser hier mehr Glueck habe und besser auf sie aufpasse, war der Verlust ja wenigstens zu etwas wert…

Nach 3 Tagen haben wir uns dann beshlossen wieder alleine weiterzufahren, einfach weil wir zu verschieden waren und v.a. ein zu unterschiedliches Tempo gefahren sind. Aber man weiss ja nie, wen man noch so trifft; vielleicht ergibt sich eine solche Gelegenheit ja noch einmal, auch wenn ich sagen muss, dass sich mein Eindruck, dass alleine zu reisen entspannter ist, mal wieder bestaetigt hat.

Costa Almeria

Ab Alicante etwa hat sich die Landschaft dann etwas gewandelt. Waren die Kuesten bis hieher meist flach und der Strand gut zu erreichen, ragen die Berge aus dem Landesinneren nun bis ins Meer hinein.

DSCF1156

Das ist zwar schoen anzuschauen, zum Fahren allerdings ist es eher nachteilig, denn hier geht mein einfacher, aber genialer Plan;-) „einfach an Kueste entlang fahren- da ist es schoen flach“ leider nicht auf. In den letzten Tagen war ich somit haeufiger dazu gezwungen, durch das bergige Hinterland zu fahren, da es einfach keine bessere Alternative gibt. Das heftigste habe ich vor 3 Tagen erlebt: Nach ca. 35 Km meist bergauf durch die spanische Sierra kam schliesslich der grosse Abstieg. Von Km 36 bis etwa Km 51 ging es nur bergab! Ich habe extra auf den Tacho geschaut- 15 Km nicht einmal treten muessen- das war natuerlich eine faire Entschaedigung fuer die Strapazen.

Jetzt kann ich uebrigens auch das „Raetsel“ enthuellen, wie ich noch an die Fotos von der Strasse ueber die Pyrenaeen kommen wollte: ich habe meine Eltern ueber den Abschnitt auf ihrem Weg nach Spanien geschickt mit der Bitte, Fotos fuer mich zu machen. Das haben sie auch- aber ihr wisst ja, was damit passiert ist, nachdem ich sie mir auf meine Karte kopiert habe. Lieder war es an dem Tag eh regnerisch…Naja, jedenfalls koennt ihr von dem Foto oben aus ahnen, wie es dort aussieht, wenn ihr euch noch ca. 100 Meter an Hoehe dazudenkt.

Eines allerdings scheint sich an der gesamten spanischen Kueste nicht zu aendern: der Massentourismus und die zugebauten Kuestenabschnitte (jetzt an der Costa del Sol sowieso nicht mehr…). Hatte ich gesagt, dass lloret de Mar ein trauriger Hoehepunkt war? Es saehe aus wie in Disneyland? Tja, da hatte ich noch nicht Benidorm gesehen!

DSCF0076

…und da sieht es ueberall so aus, 2, 3 Km faehrt man nur an Wolkenkratzern vorbei- eine Skyline wie Frankfurt oder Ney York. Das war schon so krass, dass es schon fast wieder beeindruckend war.

DSCF0064

Sehr passend finde ich auch diesen Schnappschuss, den ich in einem fast so traditionellem Ort wie Benidorm aufgenommen habe. Man beachte diesen Kontrast: Traditioneller spanischer Flamenco und trotzdem Dienstags Schnitzelbuffet- hier muss also auf nichts verzichtet werden;-)!

Trotzdem geht es auch anders, wenn man etwas ausserhalb der Tourismus-Hochburgen ist und sich die Zeit nimmt, durch die Gassen der ersten, kleinen andalusischen Doerfer zu fahren. Dann bekommt man auch Einblicke, die Hoffnung geben;-)

DSCF1113

Mittlerweile sind alle Haueserfassaden nur noch in einem blendendem Weiss gestrichen und bestaetigen das typische Bild, das man von andalusischen Doerfchen so hat, vor allem, wenn sie zwischen Huegeln an einer Bucht am Wasser liegen. Ingesamt muss ich sagen, dass dieser Abschnitt der Tour zwar der anstrengenste ist, aber landschaftlich auch der reizvollste.

Tja, und wie der Titel des Berichtes schon verraet, sagt mir ein Blick auf die Karte, dass es nun nicht mehr weit bis nach Afrika ist. Ich schaetze, dass ich Algeciras, von wo aus ich uebersetzen moechte, in einer guten Woche erreichen werde, wenn nichts Unvorhergesehenes bis dahin passiert. Das heisst, dass der naechste Artikel aus Marokko kommen wird. Wenn ich da bin, werde ich mich aber auch recht zuegig wieder zu Wort melden.

Zum Schluss steht noch der Beweis aus, dass man mit dieser Kamera bessere Fotos als mit der alten machen kann.

DSCF0396

DSCF0819

Mit dieser romantischen Impression verabschiede ich mich nun endueltig.

Bis zum naechsten Mal- dann aus Afrika,

Euer Sascha



Sonne, Strand und Mittelmeer

8 10 2010

Buenos Dias von der Costa Brava!

Jetzt bin ich wohl wirklich im Sueden angekommen: Ich bin nun im Lieblings-Urlaubsland der Deutschen, was man hier an der Costa Brava auch in der Nebensaison noch sehr deutlich merkt. Ich sitze gerade in Mataro, 40 Km vor Barcelona bei 26 Grad und Sonnenschein. Es ist gerade Siesta, und da ich heute sowieso nicht mehr weit fahren will, dachte ich mir, dass ich  diese nette spanische Tradition zum Anlass nehme auch vom Fahrrad zu steigen und eine Pause einzulegen- und da der naechste Artikelwieder faellig wird, habe ich ins Internet-Cafe gesetzt und erstatte euch nun erneut Bericht;)

Zunaechst aber eine schlechte Nachricht: meine Kamera ist vor einer Woche kaputt gegangen! Das heisst, ich kann keine Fotos mehr machen, die alten Fotos sind noch da. Leider kann ich keinem die Schuld dafuer in die Schuhe schieben: ich habe sie am Strand fallen lassen und nun geht sie nicht mehr an. Das heisst, dass ich nur fuer die erste Zeit die Fotos liefern kann.

Die Rhone bis ans Mittelmeer

Insgesamt muss man sagen, dass es in der „zweiten Haelfte“ von Frankreich mehr zu sehen gab als oberhalb von Lyon (wenn man da die Grenze zieht). Von daher fand ich es auch angenehmer zu fahren; spaetestens ab der Mittelmeerkueste natuerlich- aber so weit sind wir noch nicht;)

Das fing direkt schon in Lyon an- die bisher mit Abstand groesste Stadt auf meiner Route (bis morgen…). Als Beweis fuer meine angekuendigte Staedtetour: ein Schnappschuss auf dem Place Bellecour.

SDC10059

Das Gute am Rhonetal waren einerseits die gut ausgebauten Radwege, die es hier wieder hauefiger gab und andererseits die hohen Berge, die links und rechts am Fluss entlang zu sehen sind und ein wenig an die Landschaft im Moseltal erinnerten. Nicht so schoen war zum Teil die viele Industrie, die es dort gibt und die das Wasser zum Kuehlen oder Entsorgen nutzen. Als Beispiel folgendes Foto; ein Anblick, den ich haeufiger in diesen Tagen hatte.

SDC10090

Wie gesagt, gab es im Sueden Frankreichs attraktivere Orte, fuer die sich ein Umweg und etwas investierte Zeit lohnte. Vor allem Ueberreste aus der Zeit, als dieses Gebiet zum roemischen Reich gehoerte kann man hier bestaunen. Fuer alle Kulturfreunde gibt es daher jetzt ein bisschen was zu sehen;)

Eines der beruehmtesten Bauwerke ist die Pont du Gard, ein riesiges, dreistoeckiges Aquaedukt aus dem 1. Jhd n.Chr.- ich muss sagen, dass ich von der Groesse echt beeindruckt war!

.SDC10112

Nicht weit entfernt liegt Arles, eine Stadt, die ebenfalls die Roemer fuer ihre Kriegsveteranen gebaut haben, wie ich mir habe sagen lassen und in der noch die alte Arena und das Theater zu sehen sind:

SDC10120

So- jetzt habe ich euch genug mit Vergangenheit und Bauwerken gelangweilt- zurueck in die harte Realitaet: In Arles habe ich mir mal ausnahmsweise ein Eis gegoennt- und musste mal wieder lernen, dass man nie in einer Stadt, in der es mehr Touristen als Einheimische gibt, etwas kaufen sollte; Mein persoenlicher Rekord fuer die teuerste Kugel Eis liegt seitdem bei 2,60 € (…auch nichts kaufen, dessen Preis ihr nicht vorher sehen koennt;) )

Den gelungenen Uebergang von Fluss zu Meer stellte dann das Rhonedelta dar, die Camargue, fuer die ich mir einen extra Tag genommen habe, um sie zu durchfahren, denn sie ist bei Tourenfahrern ein beliebtes Ziel. Nicht umsonst, denn hier gibt es nur Wasser, Voegel und Strassen; keine Doerfer, keine Menschen, denn alles steht unter Naturschutz. Hier habe ich auch gelernt, dass es in Frankreich Flamingos gibt(!) glaubt ihr nicht? Haette ich vorher auch nicht, aber hier ist der Beweis:

SDC10212

Seitdem habe ich die uebrigens immer mal wieder gesheen- die stehen hier einfach so in den Seen und Buchten, die vom Meer abgetrennt sind.

Die Mittelmeerkueste

SDC10155

Dann war es endlich so weit! Nach nur 4 Tagen Rhonetal endlich der Anblick, auf den ich gewartet habe:

SDC10153

Natuerlich habe ich sofort versucht- aber auch nur versucht- ein Bad zu nehmen, aber ich hatte das Gefuehl, dass die Mosel in bei Trier waremer war als das Mittelmeer im Golf von Lyon. Also erstmal kein Strandspass. Aber trotzdem muss ich sagen, dass dies erst ein wirklicher Einschnitt waehrend meiner Tour ist. Einen Fluss abgefahren zu haben ist zwar ein schoenes Gefuehl und motiviert, aber irgendwie ist doch einer wie der andere. Aber wenn man so auf dem Radweg faehrt, neben einem die Wellen sieht, das Salz in der Luft riecht und spaetestens wenn man das erste Mal am Strand zeltet, merkt man, dass man mittlerweile doch schon weit weg von zu Hause ist.

Die Radwege hier sehen uebrigens so aus:

SDC10225

Leider gibt es an der Kueste noch weniger Radwege als in Frankreich selbst, aber auch die groesseren Strassen fuehren oft direkt am Wasser entlang, sodass man schon ab und zu solch einen Anblick neben sich hat.
Dass ich nun an Salz- und nicht mehr an Suesswasser entlang fahre, hat Vor- und Nachteile: Ein Vorteil ist, dass ich nun kein Salz ehr brauche, wenn ich mir Reis oder Nudeln koche (die richtige Mischung ist halb Salz- und halb Mineralwasser; den ersten Reis habe ich nur mit Meerwasser gekocht- und danach weggeschuettet…). Nachteil ist, dass ich nun nicht mehr so einfach waschen kann, denn am Abend hat das Meer zwar meistens noch weniger Salzgehalt als meine Haut, aber frisch fuehlt man sich danach im Schlafsack nicht unbedingt. Deshalb muss ich mittlerweile unterwegs die Gelegenheit nutzen und mich waschen, wenn ich gerade an einem Fluss vorbei komme…

SDC10204

Das Beste am Fahren an der Kueste ist aber eindeutig das Zelten am Strand. Gott sei Dank ist meine Kamera erst einen Tag spaeter kaputt gegangen, sodass ich euch noch dieses Bild praesentieren kann, das als Beispiel fuer meine Zeltplaetze seitdem gelten kann (…im Hintergrund geht ausserdem gerade die Sonne auf;) )

Der Uebergang von Frankreich nach Spanien kann man nun wiederrum gelungen nennen oder auch nicht, jedenfalls fuehrte er ueber die Auslaeufer der Pyrenaeen- und da gibt es kein geradeaus, sondern nur auf und ab. Dies war sicherlich der anstrengenste Tag bisher, aber dafuer bin ich noch nie eine schoenere Strasse gefahren als die zwischen den beiden Laendern!Hinter jedem Anstieg befindet sich ein Ausblick auf eine Bucht, manchmal mit einem Ort darin gelegen, manchmal ohne, aber jedes Mal ein Anblick wie auf einer Postkarte oder im Reisefuehrer- es tut mir wirklich leid, dass ich euch davon kein Bild zeigen kann, aber ich habe schon eine Idee, wie ich vielleicht doch noch an die Fotos komme- obs geklappt hat, seht ihr naechstes Mal…

Spanien- die Costa Brava

Fuer die Zeit ab der spanischen Grenze stimmt der Titel des Artikels tatsaechlich- fast in jedem Ort hat man das Gefuehl, durch seinen eigenen Urlaubsort zu fahren. Es gibt hier meist mehr Hotels als Wohnhaueser und die Werbeschilder am Strassenrand sind nicht selten auf Englisch oder Deutsch- Urlaubsregion eben. Lloret de Mar gestern war da der (traurige) Hoehepunkt; ich kam mir etwas vor wie in Disney-Land. Mit dem traditionellen Spanien hat das natuerlich nichts zu tun, aber ich darf mich nicht beschweren, schliesslich mache ich ab uebermorgen selbst Urlaub;) Das wird auch Zeit, denn als ich gestern im Meer war, waere ich gerne noch laenger drin geblieben, wenn es nicht schon so spaet gewesen und ich noch das Zelt haette aufbauen muessen. Unglaublich, wie schnell das Wasser warm geworden ist! Und auch das Wetter ist im Gegensatz zu Deutschland hochsommerlich: tagsueber meistens ueber 25 Grad und bis jetzt kein Regen in Sicht:)

Mit einem neuen Land kommt aber auch eine neue Sprache auf mich zu. Dumm nur, dass ich mich in der 9. Klasse fuer Latein statt Spanisch als meine dritte Fremdsprache entschieden habe. Aber dafuer spreche ich fliessend mit Haenden und Fuessen und lerne abends fleissig in meinem Spanisch-Sprachfuehrer, den ich mir vor der Fahrt gekauft habe. Und den wichtigsten Satz konnte ich schon in zahlreichen Situtionen erproben: „Donde esta el camino se va a…“ Dreimal duerft ihr raten, was das wohl heissen koennte- Tipps bitte als Kommentare unter den Artikel (Vielleicht ueberlege ich mir einen Preis fuer den besten Vorschlag;))

Also- morgen steht Barcelona auf dem Programm und ein neuer Versuch, meine Kamera reparieren zu lassen. Sonntag dann treffe ich meine Eltern, die ab heute Abend losfahren und morgen in unserem Urlaubsort, ca. 50 Km unterhalb von Barcelona ankommen. Was dann kommt, brauche ich euch wohl nicht weiter zu beschreiben;), weshalb der naechste Artikel etwas laenger auf sich warten lassen koennte, denn ich werde mich erst wieder melden, wenn ich weitergefahren bin und es was zu erzaehlen gibt.

Ich verabschiede mich in den Urlaub;)

Liebe Gruesse aus Spanien,

euer Sascha



Frankreich,Frankreich

25 09 2010

Leider etwas spaeter als eigentlich geplant, folgt hier nun endlich der zweite Bericht von unterwegs-  diesmal aus Lyon. Hier haette ich zwar schon vor 10 Tagen sein koennen, aber unterwegs bin ich sozusagen haengen geblieben, um in der Beaujolais bei der Weinernte zu helfen und so meine Reisekasse etwas aufzubessern. Anders als in der Mail angekuendigt, habe ich mich spontan dazu entschlossen, nicht nur 5 Tage dort zu bleiben, sondern doch die komplette Ernte ueber 9 Tage mitzumachen. Gestern war es dann vorbei, sodass ich heute morgen mein Fahrrad wieder bepackt und mich auf den Weg gemacht habe.

Nachdem ich die Mosel bis kurz vor die Quelle in den Vogesen verfolgt habe, bin ich an den zweiten Fluss, die Saone uebergewechselt. Meine Fahrt wurde diesml allerdings mehrmals fuer einige Zeit unterbrochen- allerdings nur einmal unfreiwillig. Hier der Bericht in voller Laenge;)

Die letzten Tage an der Mosel

Kaum habe ich das Internet-Café in Nancy verlassen, wo ich in meinem Bericht noch das gute Wetter gelobt hatte, fing es an zu regnen und hoerte den kompletten naechsten Tag nicht auf. Das war aber gar nicht so unpassend, weil ich sowieso mal Pause machen wollte, sodass ich mein Zelt einfach stehen liess und (zwangsweise) einen Ruhetag eingelegt habe.

So hatte ich dann etwas Zeit, mir die Stadt etwas genauer anzuschauen und ein paar Touri-Fotos zu machen, wie hier auf dem Place du Stanislav, den man in Nancy unbedingt gesehen haben sollte…

SDC19783

Den Rest der Zeit habe ich einem Mann Gesellschaft geleistet, der zum Angeln an den Platz gekommen war, an dem ich mein Zelt aufgestellt habe.

SDC19786

Er war sehr freundlich und hatte viel Geduld mit meinem gebrochenem Franzoesisch. Er hat erzaehlt, dass er jeden Tag an den Kanal kommt, um Karpfen zu angeln; allerdings nur „pour plaisir“: wenn er einen gefangen hat, macht er ein Souvenir-Foto und wirft das Tier wieder zurueck ins Wasser. An diesem Tag hatte er aber kein Glueck, denn es war offenbar kein Fisch bereit, ein Foto mit ihm zu machen.

Der zweite Abschnitt: die Saone

Die Ueberfahrt an die Saone war recht entspannt und unspektakulaer: Viele Felder und Kuhweiden, also ein bisschen wie zu Hause im Westerwald;) Die Huegel der Vogesen waren zwar etwas anstrengender zu fahren als das flache Flusstal, dafuer war die Landschaft eine Abwechslung zu den Tagen zuvor. Da das Wildzelten bei den eingezaeunten Feldern allerdings etwas schwierig war, habe ich einfach mal bei einem Bauernhof angefragt- mir wurde gleich beim ersten Versuch eine Wiese vor dem Haus zur Verfuegung gestellt- Obst von den darauf stehenden Baeumen inklusive;)

An der Saone angekommen, habe ich zum ersten Mal das Gefuehl gehabt, das sich meine Umgebung veraendert. Es ist schwer an einem bestimmten Punkt festzumachen, aber langsam merke ich, dass ich in den Sueden fahre. Ein Grund dafuer koennte sein, dass die Saone schon etwas waermer ist als die Mosel und ich keine Angst mehr habe, einen Herzinfarkt zu bekommen, wenn ich mich abends im Fluss waschen; Ich bleibe sogar laenger im Wasser als unbedingt noetig, sodass es schon eher Baden als Waschen ist;)

Ich denke aber, dass es vor allem an dem Aussehen der Ortschaften liegt, die sich zum Teil deutlich von unseren Doerfern unterscheiden.

SDC19900

Wie hier in Buxy, einem Ort, der hauptsaechlich aus einer alten Stadtmauer besteht, in der sich ueberall kleine Wohnungen befinden. Oft sind die aber leer oder stehen zum Verkauf- die Landflucht ist den franzoesischen Doerfern eindeutig anzusehen (den Staedten uebrigens auch…).

Dementsprechend habe auch ich mich meiner Umgebung und der Lebensweise der Leute hier angepasst:

SDC19877

Das mit den Baguettes ist uebrigens kein Klischée, sondern stimmt tatsaechlich! So wie ich auf diesem zufallig entstandenen Foto, sehe ich hier staendig Leute mit Baguettes unter dem Arm aus dem Supermarkt kommen; oft mit nichts anderem. Ohne mindestens eine Stange verlaesst hier glaube ich niemand den Laden. Nebenbei: So ein frisches 400-Gramm-Baguette kostet nur rund 50 Cent und ist mit Kaese oder Schokolade eine guenstige Verpflegung fuer den ganzen Tag (bis es dann was Richtiges gibt…)
Apropos: noch eine Spezialitaet, die ich fuer mich entdeckt habe: Die franzoesischen Apfeltaschen, die es ebenfalls in jedem groesseren Supermarkt frisch zu kaufen gibt und die ich jetzt schon vermisse- ausser natuerlich die bekommt man in Spanien auch… kleiner Hinweis: schaut euch meinen Kopf noch einmal genau an, denn vorgestern habe ich noch eine Anpassung, allerdings an das heisse Wetter und die Sonne, vorgenommen;)

SDC19924

Sonntag vor einer Woche hatte ich dann das, was man wohl einen 6er im Lotto bei einer solchen Reise nennen kann. In Auxonne, einer schoenen Stadt an der Saone, wo ich die Nacht vorher gezeltet hatte, wurde ich von einer netten aelteren Dame mit englischem Akznt angesprochen (sodass wir schnell nur noch englisch gesprochen haben) Im Laufe des Gespraechs bot sie mir an, an diesem Abend mein Zelt in ihrem Garten aufzustellen- eine Einladung, die ich natuerlich dankend angenommen habe. Da das Haus nur einige Kilometer weiter an der Saone lag, hatte ich den ganzen Tag Zeit: Zuerst habe ich mir die Stadt etwas genauer angesehen  (die auch einen zweiten Blick wert war) und danach endlich einmal einen entspannten Badenachmittag am Ufer der Saone eingelegt, bevor ich zu dem Haus gefahren bin.

Die Frau, die mich eingeladen hat, kommt aus den USA und ist vor vielen Jahren mit ihrem deutschen Mann aus Bremen nach Frankreich ausgewandert, um ein Schiffsbauunternehmen zu gruenden (was der Groesse des Hauses nach zu urteilen auch sehr gut laeuft…). Ihre Tochter wiederum hat einen franzoesischen Mann mit zwei Kindern geheiratet, die an dem Wochenende zu Besuch waren. So multi-kulti, wie die Familie war, so locker war auch der Umgang untereinander und ich habe mich direkt wohl gefuehlt. Durch Zufall haben kamen an diesem Abend Freunde der Familie zu Besuch- aus Deutschland! Es gab ein grosses Essen fuer alle und es hat gut getan an dem Tag neben dem englisch-franzoesisch-Mix auch mal wieder eine Unterhaltung auf deutsch zu fuehren.Am naechsten Tag wurde der Besuch noch durch eine warme (!) Dusche fuer mich abgerundet. Ich werde diesen Abend auf jeden Fall in guter Erinnerung behalten- und eines habe ich den beiden noch versprochen: wenn ich in Afrika bin, bekommen sie auf jeden Fall eine Karte von mir.

Weinernte in der Beajolais

An dem Abend habe ich auch erfahren, dass etwa 100 Km weiter suedlich an der Saone, in der Beaujolais, die Weinernte beginnt und ich mit etwas Glueck dort einen Job finden koennte.

Als ich dort angekommen war, bin ich vom Fluss weg und hoch in die Weinberge gefahren, wo es ueberall so aussah:

SDC19935

Keine zusammenhaengenden Doerfer, sondern nur Weinbauern, die hier in den Feldern verstreut ihre Hoefe haben. Was dann folgte, erinnerte ein bisschen an die Weihnachtsgeschichte, nur dass ich nicht schwanger war und einen Platz fuer die Niederkunft, sondern einen Arbeitsplatz gesucht habe; die Antwort war aber trotzdem immer dieselbe, wenn ich an einem Hof angefragt habe: „Complet“ (manchmal freundlicherweise in einen Satz verpackt). Nach etwa 3 Stunden Suche habe ich dann aber tatsaechlich noch einen Weinbauern gefunden, bei dem am naechsten Tag die Weinernte beginnen sollte, und der noch einen Platz fuer mich frei hatte. Das war letzten Mittwoch und die Tage seitdem lassen sich eigentlich alle vollstaendig in einem Bild beschreiben…

SDC19942
…nur dass ich nicht mehr lache;)

Nein- also ich hatte echt Glueck: einmal ueberhaupt einen Platz gefunden zu haben, und dann noch bei diesem Weinbauern, denn die Arbeitsbedingungen unterscheiden sich wohl stark, je nachdem, auf welchem Hof man arbeitet. Der Tagesablauf war im Grunde ein Wechsel aus arbeiten und essen: halb 7 Aufstehen, Fruehstueck, dann ab auf’s Feld, Mittagessen, wieder arbeiten bis halb -, Abendessen, duschen, schlafen. Dazwischen war nie viel Zeit. Wenn ich aber etwas Ruhe hatte, habe ich mich einfach draussen hingelegt und die Aussicht genossen:

SDC19964

Von dem Hof aus konnte man kilometerweit in die Landschaft schauen; Das Beste aber war, dass man morgens, kurz vor Sonnenaufgang bei klarer Sicht den Mont Blanc am Horizont sehen konnte- ein einmaliger Anblick ( de in einem Foto leider nicht so rueberkommt…)

SDC19984

Pro Tag habe ich 56€ verdient. Das ist recht viel, wenn man dazu die angesprochene Verpflegung bedenkt: 3 warme Mahlzeiten, die echt ordentlich sind (vor allem verglichen mit dem Essen, was ich sonst auf der Tour mit meinem Camping-Kocher zu Stande bringe), ein Bett zum Schlafen, Dusche, Waschmaschine…und auch die Arbeit selbst ist an sich recht einfach: den ganzen Tag Trauben mit einer Art Sichel von den Reben schneiden.

SDC19952

Ausserdem ist man den ganzen Tag an der frischen Luft und kann so viele Weintrauben essen, wie man wil (und Wein trinken, den es bei jeder Gelegenheit gibt- wenn mn ihn denn mag…). Dadurch hatte das Ganze am Anfang auch eher etwas von Aktivurlaub auf dem Bauernhof, aber nach spaetestens 2 Tagen bekommt man extreme Rueckenschmerzen vom geubeugten Arbeiten und nach 9 Tagen bin ich schon echt froh, dass es jetzt vorbei ist.

Insgesamt waren wir etwa 35 Leute, die alle auf dem Hof untergebracht waren und zusammen gegessen und natuerlich gearbeitet haben. Dadurch kam mit der Zeit irgendwie eine Art Zeltlager-Atmosphaere auf;)  trotz der Sprachschwierigkeiten, denn die meisten waren Polen, die zum Teil schon seit 10 Jahren jedes Mal zur Vendange erscheinen. Die meisten von ihnen waren echt nett; jedes weitere Kommentar spare ich mir hier aus Ruecksichtnahme (an dieser Stelle liebe Gruesse an Martha;) ). Der Rest waren Franzosen, oft Freunde und Bekannte der Familie.

So geht’s weiter

Nachdem ich heute morgen 2 Flaschen Wein als Geschenk des Hauses und meinen Lohn bar auf die Kralle bekommen habe, bin ich nun also in Lyon, wo auch schon der zweite Fluss endet: Hier muendet die Saone in die Rhone, die wiederum ins Mittelmeer fliesst. Bis dahin sind es noch etwa 350 Km, sodass ich, wenn alles gut laeuft, ab Mitte der Woche keinem Flussufer, sondern dem Stand folgen werde. Ich hoffe, dass ich ab jetzt dann auch ohne groessere Aufenthalte bis nach Spanien durchommen werde, da meine Eltern dort in den Herbstferien Urlaub machen werden und ich sie ein paar Tage besuchen will. Bis dahin melde ich mich aber auf jeden Fall mindestens noch einmal hier im Blog.

So, und jetzt werde ich mir noch ein bisschen die Stadt anschauen- allerdings nicht, ohne euch meine angekuendigte Veraenderung zu zeigen:

SDC10050

Der Junge ist uebrigens ein Erntehelfer aus Polen, mit dem ich mich viel auf Englisch unterhalten habe.

Liebe Gruesse,

euer Sascha



Erstes Lebenszeichen

6 09 2010

Bonjour;)

Es ist Montag Mittag und ich sitze gerade in einem Internet-Café in Nancy. Da meine Abfahrt nun 5 Tage her ist, wollte ich diese Gelegenheit nutzen, um einen ersten Bericht meiner Tour abzugeben. Der groessten Herausforderung seitdem sehe ich mich gerade im Moment gegenueber, da ich den Text an einer franzoesischen Tastatur mit veraenderten Tastenpositionen und ohne Umlaute tippen muss, aber ich gebe mein Bestes;)

Ich werde den Bericht in Abschnitte unterteilen, denn diese Blogtexte sind mit Bildern immer so unendlich lang und unuebersichtlich. Apropos Bilder: Man kann leider kein seperqtes Fotoalbum erstellen, sodass ich die Fotos einfach in den Text einfuege.

Zusammenfassung

Bis hierher hat insgesamt alles sehr gut funktioniert: Vor allem das Wetter war einfach optimal, sodass ich seit meiner Abfahrt noch nicht einen Tropfen Regen abbekommen habe und das bei durchgehend angenehmen Temperaturen. Auch die Ausruestung und besonders das Fahrrad machen einen stabilen Eindruck und bis jetzt kaum Probleme, abgesehen von kleineren Verlusten (Brille und beide Schloesser)… die ich allerdings selbst zu verschulden habe;). Von daher bin ich auch sehr gut durchgekommen und schreibe euch nun nach insgesamt 510 gefahrenen Kilometern (wovon ein paar Umweg waren, aber dazu spaeter mehr). ImSchnitt fahre ich taeglich etwa 90 Kilometer (mal 70 mal 115), wobei sich in den letzten Tagen ein ziemliches Schlafdefizit bei mir angesammelt hat, sodass ich in einer der kommenden Tagen mal einen Ruhetag einlegen moechte, um meinem Koerper etwas Ruhe zu goennen.

Das Moseltal bis nach Luxembourg

SDC19641

SDC19643

Als kleiner Nachtrag hier also mein Gepaeck am Fahrrad statt auf dem Bett, so, wie ich am Mittwoch Morgen zu Hause aufgebrochen bin. Erstes Ziel war das Moseltal, sprich das deutsche Eck in Koblenz.

SDC19655

Das habe ich Gott sei Dank auch gut gefunden. Aber da gibt es ja dann immernoch 2 Moeglichkeiten abzubiegen…

SDC19660

… Gott sei Dank blieb nach diesem Schild kein Zweifel mehr- sonst waere ich womoeglich noch nach Holland und nicht nach Frankreich gefahren;)

Das Moseltal, das mich noch bis heute begleitet, ist wirklich wunderschoen zu fahren. Super ausgebaute Radwege, das gute Wetter und dazu eine Aussicht auf die Weinberge,  bei der man einfach gerne Fahrrad faehrt. Entweder fuehrten die Radwege wie quf de, naechsten Bild an den steilen Weinbergen entlang, oder,da wo es etwas flacher wurde, auch direkt hindurch.

SDC19678

Die erste Nacht habe ich in einem Waldstueck hinter Cochem gezeltet (Das ist leider der Nachteil: man muss lange nach einem geeigneten Zeltplatz suchen, der vom Weg aus nicht direkt gesehen werden kann, aber nach Moeglicheit trotzdem nah am Wasser liegt, um sich abends waschen zu koennen (was an diesem Tag also leider nicht moeglich war…)

Das mit dem Gesehen-werden hat mir uebrigens im Vorfeld schon einige Sorgen gemacht, was man vielleicht bei diesem Foto verstehen kann…

SDC19672

Diese Zeltfarbe ist leider nicht nur im Wald, sondern ueberall auffaellig, sodass ich mir jeden Abend die Muehe machen muss, um mein Zelt etwas besser zu tarnen. Das Ergebnis sieht dann so aus:

SDC19673

Auch nicht optimal, aber besser als vorher und bis jetzt hatte ich noch keine Probleme mit dem Zelten- bzw. damit gesehen zu werden. Kalt wird es Nachts schon etwas, sodass ich jede Nacht aufwache, um mir etwas waermeres anzuziehen (was abends leider zu warm waere). Das ist aber nicht weiter schlimm, da ich ohnehin jede Nacht hundert Mal aufwache; ich schaetze, dass ich mich erst noch an die ungewohnten Gerausche beim Schlqfen gewoehnen muss, zumql man alleine automatisch leichter schlaeft als zu zweit oder zu dritt habe ich das Gefuehl. Aber die letzten Naechte waren schon ruhiger als die ersten und ich bin zuversichtlich, dass sich dieser Trend fortsetzen wird;) Nicht viel aendern kann ich qber an der Tatsache, dass es ab halb 8 etwa taghell im Zelt ist- trotz Ueberzelt, sodass ich einen deutlich anderen Schlafrythmus als zu Hause habe: Nach 90 Km und Zelt aufbauen fallen mir um spaetestens halb 10 die Augen zu, was aber offenbar immernoch nicht reicht, denn ich bin, wie gesqgt, eigentlich seit Beginn der Tour staendig muede…

Ihr koennt meine Schlafplaetze uebrigens auf der Karte am Ende des Artikels sehen, so spare ich mir die Aufzaehlung und ihr koennt ungefaehr die Route nachvollziehen. Allerdings habe ich immer nur die Tagesziele angegeben, keine einzelnen Staedte, weshalb die Route etwas ungelenk aussieht. Ausserdem sind es immer die Orte, die am naechsten an meinem Schlafplatz waren (den genau wiederzufinden ist leider nicht moeglich;))

Zurueck zum Thema: am zweiten Tag bin ich durch einen Ort gekommen, der mich vom Namen her an eine Serie erinnerte, die frueher auf Kabel 1 lief…

SDC19684

Ich habe uebrigens drauf geachtet: Ich zumindest habe keine Katzen auf der Strasse gesehen;)

Am Abend habe ich dann noch eine andere Fahrrad-Fahrerin getroffen, die zwar nett, aber irgendwie komisch war… nachdem sie dann erzaehlte? dass sie aus einer Straussenwirtschaft kam, ist mir erst aufgefallen, WIE angetrunken die Frau war und ich hatte Sorge, ob sie mit geradeaus fahren, reden und zur Seite schauen nicht ueberfordert sein koennte. Aber sie hat es geschafft und mich sogar noch auf ein Bier an einer der zahlreichen Wirtschqften an der Mosel eingeladen (wo sie dann auch ein Zimmer bekommen hat, sodass ich mir keine Gedanken mehr machen musste;))

An diesem Abend war ich dann auch das erste Mal in der Mosel baden um mich zu waschen- ein Vergnuegen, dass ich seitdem jeden Tag geniessen durfte… Es ist zwar ertraeglich, aber ich werde jeden Abend aufs Neue wieder motiviert so schnell wie moeglich das Mittelmeer zu erreichen; wenigstens fuehlt man sich danach sauber.

SDC19705

Auch wenn der Mann, den ich um das Foto gebeten habe das Wesentliche nicht ganz drauf bekommen hat, ist bei genauem Hinsehen erkennbbar, dass ich am dritten Tag in Trier war (hier vor der Porta Nigra), wo ich noch einige Dinge kaufen musste, die ich zu Hause vergessen hatte oder nicht drqn gedacht hatte.

Luxembourg

An diesem Nachmittag dann habe ich Deutschland auch schon verlassen- und zwar nach Luxembourg. Hier das letzte Foto aus der Heimat.

SDC19710

Ich muss ehrlicherweise zugeben, dass ich ganz uebersehen hatte, dass die Mosel ueberhaupt einen Schlenker durch Luxembourg macht und war deshalb etwas ueberrascht auf der Karte zu sehen, dass Ich vor Frankreich noch ein weiteres Land durchqueren werde…Ab hier hiess es dann nicht mehr “ Guten Tag“, wenn einem ein Fahrrad- Fahrer entgegen kommt, sondern „Bonjour“ und man fuehlt sich schon nochmal ein wenig weiter weg von zu Hause, wenn man auf einer anderen Sprache nach dem Weg fragen muss. Aber auch daran habe ich mich mittlerweile einigermassen gewoehnt, denn die Fragen und Antworten wiederholen sich ja recht schnell.

Eigentlich sollte mein Aufenthalt in Luxembourg ja ein kurzes Vergnuegen werden, das ich in wenigen Stunden hinter mich gebacht haette, da der Fluss ja nur an einem kleinen Stueck entlang der Grenze fliesst- aber eben nur eigentlich.

SDC19735

Das ist ein EU-Verwaltungsgebaude in Luxembourg, der Hauptstadt! Dieser Ausflug war zwar nicht geplant als ich an diesem Morgen am Fluss losgefahren bin, aber nach etwa 30 Km bemerkte ich, dass der Fluss, den ich fuer die Mosel gehalten habe, in Wirklichkeit die Sauer war und ich bereits die halbe Grenze von Luxembourg Richtung Belgien gefahren bin. Von hier aus waren es laut Schildern noch 40 Km bis nach Luxemborg-Stadt. Da die Richtung ohnehin grob richtig war, habe ich mich nach dem Motto „Der Weg ist das Ziel“ nach Luxembourg begeben. Das Foto oben ist uebrigens beispielhaft fuer die Stadt: ich habe noch nie so viele riesige, neue Gebaude auf einem Fleck gesehen und die Stadt wirkte nicht mehr nur noch ordentlich oder modern, sondern wie in einem PC-Spiel simuliert. So kuenstlich war zumindest das EU-Viertel. Dementsprechend komisch kam ich mir mit Sack und Pack und verschwitzt wie ich war vor; und habe mich zuegig Richtung Frankreich gemacht.

Frankreich

Die zweute Grenze habe ich dann tatsaechlich noch am gleichen Tag erreicht. Notgedrungen musste ich bis Thionville, der naechst groesseren Stqdt durchfahren, da Samstag war und ich noch fuer den Abend und den naechsten Sonntag einkqufen musste (die 117 km Nummer). Thionville war aber leider noch weit weg und ich zu spaet da (nach  8 hat alles zu), sodass ich in in einer Imbissbude einen Cheeseburger essen musste- natuerlich in einem Baguette (!) und am naechsten Tag von Baecker zu Baecker fahren musste, was zwar leckerer, aber teurer als Supermarkt ist…

Spaetestens seit der Grenze sind auch die schoenen Weinberge verschwunden und mqn kann der Mosel fast schon zuschauen, wie sie jeden Tqg kleiner wird. Morgen werde ich dann voraussichtlich auch den zweiten Fluss, die Saone erreichen, die mich durch halb Frankreich fuehren wird.

SDC19767

Und mit diesem Blick aus meinem Zelt heute morgen waeren wir in der Gegenwart. Nun bin ich also zum zweiten Mal dieses Jahr mit dem Fahrrad in Nancy (das erste mal auf der Fahrt nach Paris im April), das heute hoffentlich noch verlassen werde. Jetzt ist der Artikel doch recht lang geworden, aber ich denke beim ersten Bericht kann man etwas ausfuehrlicher sein. Mittlerweile ist es aber ziemlich spaet geworden (dank meines schnellen Tippens…) und ich muss mich auf den Weg machen, um beim Suchen nach einem Zeltplatz nicht in Hektik zu geraten.

Bitte entschuldigt die Tippfehler, ich konnte den Text leider nicht mehr durchlesen.

Viele Gruesse aus Nancy und bis zum naechsten Bericht,

Euer Sascha



Morgen ist Abfahrt!

1 09 2010

Vor knapp fünf Wochen habe ich die Entscheidung getroffen, dass ich eine Reise mit dem Fahrrad machen werde. In diesen fünf Wochen habe ich die wichtigsten Vorbereitungen getroffen, damit der Start möglichst ohne Probleme funktioniert. Als erstes musste ich eine Auszeit vom Studium nehmen, also ausziehen, beurlauben, etc. Dann alle Papiere beantragen, impfen lassen, Ausrüstung kaufen und mich natürlich bei allen verabschieden, die mir wichtig sind.

Nachdem ich nun gestern auch endlich mein neues Fahrrad abholen konnte, steht dem Start meiner Reise nichts mehr im Wege.

Morgen ist es also so weit! Auch wenn ich lange auf diesen Tag hingelebt habe, kann ich es mir noch nicht so richtig vorstellen, die nächste Nacht alleine in einem Zelt zu verbringen- vor allem nicht bei den momentanen Temperaturen. Aber von meinen letzten kürzeren Touren weiß ich, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis sich der Körper an die neuen Bedingungen gewöhnt hat; diese Zeit könnte allerdings eher unangenehm werden…

Bei all den Gefühlen, die man vor Beginn einer solchen Reise hat, bringt es erst einmal nicht viel über sie zu schreiben, da sie noch nicht einmal angefangen hat.

Von daher nur kurz zu der Planung der Tour, so weit ich mir diese überlegt habe:

Nachdem ich morgen zu Hause losgefahren bin, geht´s erst einmal über Koblenz an die Mosel. Diese wird mich bis nach Frankreich hinter Nancy führen, von wo aus ich an die Sâone wechseln werde, der ich bis Lyon folge, wo ich ohne Übergang an den nächsten Fluß, die Rhône, komme, die mich wiederum bis an die Mündung ins Mittelmeer bei Marseille bringen wird. Einmal am Meer angekommen, werde ich dieses nicht mehr verlassen;) das heißt, dass ich an den Pyrenäen vorbei nach Spanien  und hier entlang der Ostküste über Städte wie Valencia und Barcelona bis an die Straße von Gibraltar fahre. Von hier aus geht´s dann nach Afrika, was sozusagen das erste Zwischenziel darstellt- aber so weit muss ich erst einmal kommen, dann mehr zum weiteren Verlauf der Strecke.

Was vor Beginn einer solchen Reise vielleicht noch interessant sein könnte, ist die Ausrüstung, die man hier ausgebreitet auf meinem Bett sehen kann:

Ausrüstung

wie das alles in Taschen verpackt auf meinem Fahrrad aussehen wird, wird man ja auf den Bildern von unterwegs noch ausgiebig betrachten können.

SDC19636

…Und das ist das Fahrrad, das mich und mein Gepäck möglich pannenfrei und sicher von einem Ort zum nächsten bringt.

Was das bedeutet kann man hieran erkennen- eine kleine Statistik zum Gewicht (heute morgen vor Abfahrt gewogen): Gepäck hinten (Taschen+Zelt): 18, 4 kg, Gepäck vorne: 9 kg, Lenkertasche: 4,4 kg, Fahrrad (so wie es oben zu sehen ist): 18,5 kg (…im Katalog ist es mit 14, 5 kg angegeben, allerdings ohne Zubehör, also Pedale, Gepäckträger etc.) + im Schnitt 3 kg Getränke= 53, 3 kg, die ich bewegen muss…+ mich selbst (66 kg, heute morgen ohne Frühstück;) ) macht das etwa 119 kg. Wie sich das am Berg anfühlt werde ich euch im nächsten Artikel beschreiben können.

Ein Wort noch zu dem Blog selbst: Wie in der Mail angekündigt, werde ich versuchen am Anfang wöchentlich Berichte und Fotos hier online zu stellen, was in Frankreich und auch in Spanien hoffentlich kein Problem sein wird. Wie es dann ab Afrika weitergeht muss ich selbst noch herausfinden.

In der Karte unter jedem Artikel könnt ihr meinen aktuellen Standort, bzw. meine zurückgelegte Strecke sehen, was im Moment noch nicht so spannend ist;). Ich werde auch versuchen ein extra Fotoalbum zu erstellen; allerdings weiß ich nicht, ob das hier überhaupt möglich ist (…ist ja auch mein erster Blog)- mal schauen.

Der nächste Bericht wird dann voraussichtlich in Frankreich geschrieben.

Bis dahin,

euer Sascha